Handball Bundestrainersuche: Die Spur führt nach Wuppertal
Der Deutsche Handball-Bund sucht einen Bundestrainer. Mit Christian Prokop ist wieder ein Ex-Wuppertaler im Gespräch.
Wuppertal. Christian Prokop (37), der aktuelle Coach des Bundesligisten SC DHfK Leipzig, ist neben Markur Baur Favorit auf die Nachfolge von Dagur Sigurdsson als Bundestrainer der deutschen Handballer. Wie bei dem Isländer Sigurdsson gibt es auch bei ihm Verbindungen nach Wuppertal. Prokop spielte in der Bundesliga-Saison 2000/01 für den damaligen HC Wuppertal und war Nachfolger von Dagur Sigurdsson — nämlich auf der Position des Mittelmanns und Spielgestalters. Und noch etwas gibt es, was die beiden verbindet: In Wuppertal lernten sie den DHB-Vizepräsident Bob Hanning kennen, der im Handballverband gerade bei personellen Entscheidungen das Sagen hat.
Die Wahrscheinlichkeit, dass auch der nächste Bundestrainer wieder eine Wuppertal-Vergangenheit hat, ist also groß, zumal der DHB inzwischen Christian Prokop die Möglichkeit eingeräumt hat, sowohl für seinen Verein als auch für das Nationalteam zu arbeiten. Diese Brücke hatte Bob Hanning, der frühere Trainer der SG Solingen und des HC Wuppertal, vor einigen Jahren schon Dagur Sigurdsson gebaut, als der noch Trainer der Berliner Füchse war und zum DHB wechseln wollte.
Vier Jahre spielte Dagur Sigurdsson in Wuppertal. Es war für ihn die erste Station im internationalen Handballsport. Dem Kapitel in Wuppertal hat der Erfolgstrainer, der 2015 mit der deutschen Nationalmannschaft Europameister wurde und in Rio mit seinen Jungs Bronze holte, einige Seiten in seiner Biografie „Feuer und Eis“ gewidmet.
Darin heißt es: „Wir hatten vorher auf einer Landkarte geguckt, wo Wuppertal liegt, viel mehr wussten wir nicht.“ Sigurdsson und sein Freund Olafur Stefansson, der spätere Welthandballer, wohnten an der Kuchhauser Straße in Cronenberg. Ausführlich erinnert sich Sigurdsson an die Aufstiegssaison mit der HSG LTV/WSV und an seine größten Erfolge in Wuppertal, zu denen ein Auswärtssieg in Kiel zählte. Er verschweigt aber auch nicht die Gründe für die späteren Probleme beim HCW. Sportlich verkraftete die Mannschaft den Wechsel von Olafur Stefansson nach Magdeburg nicht. „Wir hatten seit unserer Kindheit zusammen Handball gespielt.“ Doch es krachte auch im Vereinsgefüge. Dazu Sigurdsson: „Und noch etwas lernte ich in Wuppertal: In einer Gemeinschaft müssen die Zuständigkeiten klar definiert sein.“ Wuppertal brachte ihm trotzdem Glück, denn als Bob Hanning in Berlin nach einem Trainer suchte, erinnerte er sich an den Isländer.
„Auch wenn die Zeit von Christian Prokop in Wuppertal deutlich kürzer war, weiß Kalla Scheer, langjähriger Manager des Wuppertaler Erstligisten, nur Gutes über ihn zu berichten. „Genau wie Dagur war er der Kopf der Mannschaft und hat alle Aufgaben, die man ihm übertragen hat, zu 100 Prozent erfüllt.“ Sebastian Hinze, Trainer des Bergischen HC, spielte mit Prokop in einer Mannschaft. „Leider hat Christian sich schon früh schwer verletzt“, erinnert sich Hinze.
Christian Prokop wohnte am Langerfelder Hedtberg, seine Eltern seien zu jedem Spiel aus Ostdeutschland angereist. Den Bundestrainerjob traut Scheer seinem ehemaligen Schützling zu: „Er ist sehr konsequent, wenn etwas nicht so gemacht wird, wie er es gesagt hat. Zum Thema Konsequenz hat er eine Anekdote parat. Von Wuppertal war Prokop nach Minden gegangen, um weiter erste Liga zu spielen. Dort hatte er vom Rechts- auf Linkshänder umgeschult, um sein geschädigtes linkes Knie zu schonen. Scheer: „Er hat sich einen Knochen im linken Arm brechen lassen, um besser mit links werfen zu können.“ Kontakt hatten beide noch Anfang der Saison, als Prokop ihn zum Gastspiel des BHC nach Leipzig eingeladen habe, so Scheer, der darauf hinweist, dass es zum Thema Wuppertal und Nationaltrainer weitere Beispiele gibt: So hat Islands Nationaltrainer Geir Sveinsson von 1997 bis 1999 für den LTV/WSV und den HCW gespielt. Damen-Bundestrainer Michael Biegler war von 1985 bis 1989 Trainer beim LTV.