Fußball Der Bergische Fußball steht im Abseits
In Wuppertal, Solingen und Remscheid lebt derzeit nur die Erinnerung an erste und zweite Liga.
Auf drei Jahre erste Liga und stattliche 25 Jahre zweite Liga brachten es die Fußballvereine in Wuppertal, Solingen und Remscheid von den 1970er bis in die 1990er Jahre. Damals pulsierte das Fußballherz im Bergischen Land. Heute ist das Bergische Zonenrandgebiet für Fußballstädte wie Leverkusen, Köln, Gladbach, Schalke und Dortmund. Eine ernüchternde Bestandsaufnahme und ein wehmütiger Rückblick.
Am nächsten ist noch der Wuppertaler SV am größeren Fußball-Geschäft dran, allerdings meilenweit entfernt von den glorreichen Zeiten, als es von 1972 bis 1975 Bundesliga-Fußball und nach Platz vier im ersten Jahr sogar Europapokal im Stadion am Zoo zu sehen gab. Günter Pröpper, damals hinter Gerd Müller und Jupp Heynckes bester Bundesligaschütze, kann heute als treuer Tribünengast nur noch viertklassigen Regionalliga-Fußball an seiner alten Wirkungsstätte mitverfolgen.
WSV will die zweite Insolvenz
unbedingt vermeiden
Nach dem Rücktritt des langjährigen Präsidenten und Hauptsponsors Friedhelm Runge im Jahr 2013, einer Insolvenz und dem Abstieg in die Fünftklassigkeit schien man in Wuppertal wieder auf einem guten Weg, schaffte 2016 den Wiederaufstieg. Doch die finanzielle Entwicklung hielt nicht Schritt. Während kräftig in die Mannschaft investiert wurde, legte man sich mit dem Konzept 2020, das eine jährliche Etatsteigerung vorsah, die die Mannschaft drittligareif machen sollte, Fesseln an, die von ausbleibenden Einnahmen gesprengt wurden. In diesem Januar fast der Crash: Nur durch eine große Sammel (Crowdfunding)-Aktion und Spielerweggänge gelang die Rettung vor der erneuten Insolvenz. Doch die droht weiter permanent, sagt der neue Vorstand, nachdem der alte im Februar zurückgetreten war. 1,4 Millionen Euro Schulden türmen sich inzwischen auf.
Mit einem Mini-Etat von 300 000 Euro (Vorjahr 900 000) muss der neue Sportdirektor Karsten Hutwelker für die Regionalliga-Mannschaft auskommen - und das bei fünf Absteigern in der mit Traditionsclubs wie Fortuna Köln, Rot-Weiss Essen, Oberhausen und Aachen gut besetzten Regionalliga. Von der Mitgliederversammlung holte sich der neue Vorstandssprecher Alexander Eichner die Erlaubnis, eine Spielbetriebsgesellschaft auszugliedern, um neue Geldquellen erschließen zu können. Ob und wie schnell das funktioniert, ist die große Frage.
Von Zusammenhalt blieb bei
Union Solingen nichts übrig
Es ist erst ein paar Tage her, da lebten die glorreichen Solinger Fußball-Zeiten auf. In der Festhalle von Ohligs – dem Stadtteil, in dem das Stadion am Hermann-Löns-Weg stand – kamen die Protagonisten von 14 Jahren 2. Bundesliga zu einem geselligen Treffen zusammen. „Es tut weh, den Niedergang zu erleben“, sagte Frank Kremer, Torjäger der Top-Vereine in allen drei bergischen Großstädten. Der heute 58-Jährige konnte die Abwärtsspirale nicht mehr stoppen, 1989 war der Bundesliga-Fußball der SG Union beendet.
Der Fahrstuhl geriet in Bewegung, der Verein wurde von der Oberliga in die Verbandsliga durchgereicht. Und der finanzielle Kollaps folgte. Als neu gegründeter 1. FC Union ging es 1994 wieder zurück in die Oberliga, aber auch runter in die Landesliga. Nicht zuletzt unter der Regie des Düsseldorfer Marketing-Experten Michael Welling wurden höhere Ziele ausgerufen, allein prominente Trainer-Namen (Bernd Klotz, Gerd Zewe, Sven Demandt, Thomas Brdaric) zeugten über einige Jahre hinweg vom fatalen Glauben, der Weg könne wieder dauerhaft nach oben führen. Es kam ganz anders.
2010 löste ein Insolvenzverfahren gegen den 1. FC Union neue Entwicklungen aus. Der BSC Union Solingen und der OFC Solingen teilten sich den Anspruch auf die Nachfolge des Traditionsvereins, mittlerweile ist aus dem OFC der 1. FC Solingen mit sportlicher Heimat auf der Herbert-Schade-Sportanlage am Schaberg geworden – dort, wo zu Zweitliga-Zeiten Horst Franz das Training der Union-Profis leitete. 75 Zuschauer sahen das finale Heimspiel des neuen Clubs, der in der kommenden Saison die Bezirksliga anpeilt. 50 waren es beim im Mittelfeld angesiedelten B-Kreisligisten BSC Union. Was bleibt, ist die Erinnerung an volle Stadien mit 12 000 Zuschauern gegen Schalke in der Liga (4:0-Sieg) oder gar 15 500 im Pokal gegen Borussia Mönchengladbach (1:2). Es tut weh – nicht nur einem Frank Kremer. Ranghöchster Club in Solingen ist der VfB in der sechstklassigen Landesliga.
Remscheid: Von der Bezirksklasse in die 2. Liga – und zurück
Es war der Höhepunkt eines echten Fußballmärchens. Der BV 08 Lüttringhausen sicherte sich im Juni 1982 den Aufstieg in die 2. Bundesliga. Damit endete eine Erfolgsgeschichte, die in den 70er-Jahren auf dem Jahnplatz in Lüttringhausen in der Bezirksliga begonnen und bundesweit für Schlagzeilen gesorgt hatte. 34 Jahre später war der Verein wieder in der Bezirksliga angekommen. Die Saison 2015/16 brachte den Abstieg in die siebte Liga. Zwar gelang im Folgejahr der sofortige Wiederaufstieg. Seitdem kämpft der Verein, der seit den 90er-Jahren FC Remscheid heißt, in der Landesliga Jahr für Jahr um den Klassenerhalt. Dazwischen lagen Jahrzehnte mit allen Höhen und Tiefen, die kaum ein anderer Verein erlebt hat. Nach dem Aufstieg in die 2. Liga brauchte der Club ein bundesligataugliches Stadion. Der Verein aus Lüttringhausen zog vom Jahnplatz ins Lenneper Stadion. Das wurde umgebaut und bot dann 15 000 Zuschauern Platz. Mit einer Partie gegen den FC Schalke 04 (1:1) wurde es 1983 vor 12 000 Besuchern eingeweiht. 1984 folgte der Abstieg.
Drei Jahre später gelang dem BVL 08 Remscheid, so hieß der Verein zum damaligen Zeitpunkt, die Rückkehr in die 2. Liga. Im Berliner Olympia-Stadion siegten die Remscheider am letzten Spieltag der Aufstiegsrunde bei Hertha BSC mit 3:1 und starteten in der damals noch geteilten Stadt in eine unvergessene Partynacht. Auf die folgte in der Saison 1987/88 dann aber mit dem sofortigen Abstieg der Kater.
Nach zwei Jahren in der Oberliga ging es 1991 wieder zurück in die 2. Bundesliga. Nun als FC Remscheid, nachdem sich die Fußball-Abteilung des VfB Remscheid 06/08 dem BVL 08 angeschlossen hatte. Der Club trumpfte ein Jahr groß auf. In der zweiten Saison ging es 1993 aber wieder zurück in die Oberliga. Drei Jahre später keimte noch einmal Hoffnung auf. Der FCR stieg in die neue Regionalliga auf und hatte wieder große Ziele. Bis es 1998 zum großen finanziellen Knall kam, von dem sich der Verein auch mehr als 20 Jahre später nicht erholt hat. Millionenschulden und eine Insolvenz sorgten für einen nur noch eingeschränkten Handlungsspielraum. Folgerichtig setzte der sportliche Abstieg ein. Präsidenten mit mehr oder weniger großen Versprechungen kamen und gingen. Aktuell kommt zudem die Ungewissheit dazu, wie lange das Röntgen-Stadion in Lennep überhaupt noch als Heimstätte genutzt werden kann. Hier soll das Designer-Outlet-Center errichtet werden.