Interview „Jeder Verein muss für sich Lösungen suchen, die Regeln einzuhalten“

Wuppertal · Die neue Wuppertaler Sportamtsleiterin Alexandra Szlagowski und Stadtsportbund-Geschäftsführer Volkmar Schwarz über den Umgang mit den Lockerungen der Corona-Schutzmaßnahmen im Sport.

Die neue Sportamtsleiterin Alexandra Szlagowski und Stadtsportbund-Geschäftsführer Volkmar Schwarz sind mit den Vereinen aktuell im Dauerdialog über die Lockerungen der Corona-Schutzmaßnahmen für den Sport.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Am Montag hat Alexandra Szlagowski ihren neuen Posten als Leiterin des Wuppertaler Sportamts angetreten. Beherrschendes Thema ihrer ersten Amtswochen sind die Lockerungen für den Sport im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Was das für die Vereine und die Stadt bedeutet, darüber sprachen wir mit ihr und Volkmar Schwarz, dem Geschäftsführer des Stadtsportbundes.

Am Mittwoch hat der Ministerpräsident die Lockerungen der Coronaschutzmaßnahmen unter anderem für den Sport bekanntgegeben. Wie waren die Reaktionen darauf in den Vereinen?

Volkmar Schwarz: Natürlich zunächst einmal große Freude, dass man erreichen konnte, dass der Sport Berücksichtigung findet und eine Perspektive aufgezeigt bekommen hat. Und dass damit die gesundheit- und gesellschaftlichen Leistungen, die der Sport erbringt, Anerkennung gefunden haben.

Gibt es ein Aber?

Alexandra Szlagowski: Ja, wir waren überrascht von dem Tempo und wir haben festgestellt, dass es den Vereinen genauso ging. Bei uns stand das Telefon danach nicht mehr still. Ich glaube, von diesem frühen Start, nachmittags verkündet und ab dem nächsten Tag gültig, sind alle ein bisschen überrascht worden.

Inwieweit konnten in dieser kurzen Zeit schon Absprachen getroffen werden, wie die Wiederaufnahme des Übungsbetriebs erfolgen kann?

Schwarz: Da hat ja zunächst einmal der Donnerstag klare Zeichen gesetzt, was sofort wieder möglich ist. Da war der Sport sicher dankbar, dass es über den DOSB Leitlinien gegeben hat und die Fachverbände auch für sich schon so weit vorbereitet waren, dass klare Hinweise und Hilfestellungen für die Vereine nachlesbar waren.

Trotzdem hängt es ja letztlich an Vereinen und deren Trainern und Übungsleitern, das in der Praxis umzusetzen. Welche Vorgaben gibt es darüber hinaus von der Stadt?

Szlagowski: Da muss man wirklich sagen, dass das Land den Schwarzen Peter an die Vereine weitergegeben hat. Es geht aber auch ein stückweit nicht anders, weil auch wir als Sportverwaltung nicht für alle Sportarten spezifisch Vorgaben machen können. Deshalb wird es immer weitgehend in der Verantwortung der Vereine sein, solche Konzept selber aufzulegen, weil sie am besten wissen, was sinnvoll und was zu berücksichtigen ist. Wir können da nur helfen.
Schwarz: Natürlich hat der Stadtsportbund zusammen mit der Sportverwaltung so weit das in der Eile möglich war, versucht herauszuarbeiten, was in Wuppertal nötig und möglich ist, aber zum Schluss liegt die Verantwortung bei jedem einzelnen Verein, der für sich entscheiden muss, unter welchen Bedingungen die Aufnahme des Sportbetriebs wieder möglich sein wird.
Szlagowski: Wir hatten ja gut vorgearbeitet und einen Stufenplan aufgestellt, aber der ist seit Mittwoch Makulatur, als Lockerungen verkündet wurden, die bereits ab dem nächsten Tag galten. Wir haben am Donnerstag mit Sportverwaltung und Stadtsportbund zusammengesessen und überlegt, wie gehen wir mit den Ankündigungen von Herrn Laschet um. Problem: Wir haben auf eine Pressemitteilung reagieren müssen. Erst zwei Tage später sollten Ausführungsbestimmungen dazukommen.

Wird die Einhaltung von Richtlinien wie etwa Abstände oder Hygieneregeln überprüft?

Szlagowski: Die überprüft das Ordnungsamt. Zumindest müssen die Vereine damit rechnen. Ich weiß, an der Oberbergischen Straße war der Ordnungsdienst Anfang der Woche, weil er Menschen darauf gesehen hatte. Das waren aber Abiturienten, die dort bereits trainieren durften. Im übrigen sollte jeder Sporttreibende ein gesundes Eigeninteresse haben, dass er sich an die Infektionsschutzregeln hält. Da appellieren wir an die Disziplin von Sportlern und Übungsleitern.

Einige Vereine warten jetzt auf Vorgaben der Stadt, kommt da noch etwas?

Szlagowski: Nein, wir haben die Landesverordnung, da wird es keine Allgemeinverfügung der Stadt geben. Wer möchte, kann noch einmal die allgemeinen Hygieneregeln vom Robert-Koch-Institut von uns bekommen, aber speziell für das Vereinsheim, den Sportplatz oder die Anlage, dafür sind die Vereine selbst verantwortlich. Dass sie jetzt vielleicht noch Zeit brauchen, Lösungen zu erarbeiten, kann ich gut verstehen.
Schwarz: Die Vielfalt des Vereinssports bedingt natürlich auch, dass bei den Regularien, die vorgesehen sind, der Verein der etwa eine private Freiluftanlage hat, sich natürlich besser darauf einstellen kann, wieder den Sportbetrieb eingeschränkt aufzunehmen, als der Verein, der keine Anlage hat und ausschließlich Sport in geschlossenen Räumen anbietet.

Golfer, Tennisspieler und am Samstag auch Kanuten haben schon begonnen. Was öffnet am Montag nun tatsächlich?

Szlagowski: Die Hallen und Gymnastikräume. Wobei wir bei den Hallen einschränken müssen, dass die an den Schulen zum Teil von diesen belegt sind, um die Klassen zu teilen. Da ist klar in unserer Satzung geregelt, dass die Schulen Vorrang haben.

Wo ist das der Fall?

Szlagowski: Beim Schulzentrum Süd und auch im Schulzentrum Ost. Dann haben wir die Uni-Halle, die weiter als Reserve-Behandlungsplatz dient. Also wird am Montag noch nicht alles öffnen.
Schwarz: Ich weiß aus Gesprächen, dass sich viele Vereinsvorstände schon Gedanken gemacht haben, wie sie für ihre Mitglieder etwas auf die Beine stellen können. Alles, was an Beschränkungen verlangt wird, ist ja auch nicht als Strafe anzusehen, sondern als Chance, einigermaßen heil aus der Pandemie herauszukommen.

Ist klar, ob das Freibad Mählersbeck am 20. Mai aufmachen kann?

Szlagowski: Es ist klar, dass es nicht aufmachen kann. Bei den Freibädern ist es schwieriger, die Hygienevorschriften einzuhalten als bei den Hallenbädern, die frühestens ab 30. Mai öffnen dürfen. Wir wollen ja auch keine Einzellösung schaffen. Man stelle sich vor, in Wuppertal öffnet ein Freibad und im ganzen Bergischen Land nicht. Was dann in dem Bad los wäre, möchte ich mir nicht ausmalen. Wir haben mit den anderen privaten Bädern in Wuppertal gesprochen, auch die sehen sich nicht in der Lage, bis 20. Mai ein tragfähiges Sicherheitskonzept aufzustellen. Ich lade sie für nächste Woche ein, um über ein möglichst einheitliches Sicherheitskonzept zu sprechen. Wir reden von einer frühest möglichen Öffnung Mitte Juni. Außnahme Bendahl, weil das ein reines Vereinsbad ist. Die Wasserfreunde haben es da einfacher.
Schwarz: Ausnahme ist auch Neuenhof, die wegen nötiger Bauarbeiten auch Mitte Juni wohl noch nicht werden öffnen können.
Szlagowski: Also, wir sind bestrebt, einen gemeinsamen Starttermin zu haben, innerhalb Wuppertals und auch über die Stadtgrenze hinaus. Wir möchten dieses Angebot eröffnen, denn die Wuppertaler werden ja großteils ihre Sommerurlaube gecancelt haben. Da will man vor Ort Angebote machen, genauso wie wir mit aller Kraft versuchen, mit den Vereinen Feriensportkurse anzubieten.

Wird denn aufgrund der Sondersituation die ein oder andere städtische Halle ausnahmsweise auch in den Ferien nutzbar sein?

Szlagowski: Normalerweise gibt es die Regel, dass die Hallen in den Sommerferien für Wartungsarbeiten geschlossen sind. Das konnte man nicht überall vorziehen, da wo es möglich war, haben wir es aber gemacht. Es gibt aber kein kategorisches vier Wochen geschlossen, sondern  dort, wo es sich anbietet, werden wir in Absprache mit dem Gebäudemanagement und den Vereinen  um Einzelfalllösungen bemüht sein.
Schwarz: Wenn es noch eines Zeichens bräuchte, dann wäre es dieses gewesen, zu zeigen: wir sind ja nicht erst seit Mittwoch in den Gesprächen. Seit langer Zeit versuchen wir, gemeinsam die Probleme der Vereine zu benennen, zu bearbeiten und zukunftsfähige Verabredungen zu treffen. Ich halte das für einen vorbildlichen Umgang in einer solchen Notsituation.

Wie sind Ihre Infos, wie die Vereine bisher über die schwere Zeit gekommen sind?

Schwarz: Da gibt es einen bunten Strauß, wie sich Vereine über  die Zeit, in der sie keine der üblichen Angebote machen konnten, gerettet haben. Die einen haben Sport digital angeboten, die nächsten über E-Mail Kontakt gehalten, es wurden Einkäufe für Vereinsmitglieder  getätigt, es sind viel mehr als vielleicht früher Videokonferenzen abgehalten worden. Da sind natürlich Aktionspläne gemeinsam erarbeitet worden für die Zeit, wenn Sport wieder möglich ist. Das geht bei dem einen Verein besser als bei dem anderen.

Es gilt als sicher, dass die Corona-Krise die Wirtschafts-, auch die Gastronomielandschaft verändern wird. Dass einige Betriebe nicht überleben werden. Fürchten Sie solche Auswirkungen auch im Vereinssport?

Schwarz: Eine Beurteilung, welche Auswirkungen das hat, ist sicher heute noch nicht möglich. Ich glaube schon, dass in den meisten Vereinen so viel Verständnis da ist, dass es für das Mitglied eher selbstverständlich ist, dass man dort bleibt. Aber auch dem Verein sind ja Kursangebote und damit Einnahmen weggebrochen. Viele Vereine haben auch Ausfälle, da wo sie Gastronomie haben. So ergibt sich ein Rattenschwanz und irgendwann muss jeder Verein Kassensturz machen.
Szlagowski: Wir haben auf Anregung des Stadtsportbunds schon die zweite Rate der Unterhaltungskostenzuschüsse ausgezahlt, die normal erst Ende des Jahres geflossen wären, um den Vereinen in der aktuellen Situation zu helfen. Die privaten Bäder in Ronsdorf, Vohwinkel und am Eckbusch erhalten Geld aus dem Feuerwehrtopf. Das ist aber natürlich kein zusätzliches Geld, sondern war im Haushalt ohnehin eingeplant.

(gh)