Kraftsport-Verein Wuppertal: Technikhort statt Muckibude

Das Langhanteltraining des Vereins dient zur Kräftigung des ganzen Körpers.

Wuppertal. Plakate aus den 60er Jahren an der Wand des Kraftraums im Carl-Duisberg-Gymnasium zeugen von großen Kämpfen in der Hügelstraße und davon, dass die Gewichtheber-Riege des Kraftsport-Vereins Wuppertal von 1896 mal zur deutschen Elite zählte. Doch die Gedanken der inzwischen meist älteren KSV- Heber sind in die Zukunft gerichtet — auf den Nachwuchs.

So gehen die 14-jährigen Tom Petry und Dennis Eerenstein mindestens zweimal wöchentlich unter der fachkundigen Anleitung des zertifizierten Trainers Werner Eicker an die Hantel. Gewichtheben für Kinder und Jugendliche? Birgt das nicht die Gefahr von Haltungsschäden? Glaubt man KSV-Geschäftsführer Otto Spartmann, dann ist eher das Gegenteil der Fall. Er belegt das durch Expertisen von Medizinern und Kapazitäten wie Professor Petra Platen, die „TLT“ befürworten. Das ist die Abkürzung für „Technisches Langhanteltraining“, wobei die Betonung auf „Technik“ liegt. Denn die wird nach umfangreichem Aufwärmprogramm, Laufen und Weitsprung aus dem Stand mit Akribie trainiert, tritt doch im Kraftsportverein Wuppertal die Kraft zugunsten der Technik in den Hintergrund. Das hat positive Effekte auf die Muskel- und Schnellkraft, die Beweglichkeit und die Koordination. Dazu werden von ärztlicher Seite die Verbesserungen beim Knochenwachstum sowie die Stärkung des Kreislaufsystems und der Psyche hervorgehoben.

Werner Eicker wird nicht müde, mit seinen Jungs die Bewegungsabläufe vom Ausfallschritt bis zur Hochstrecke erst mal mit einem Besenstil einzuüben, ehe es an die Stange geht, die dann nach und nach auch mit Scheiben bestückt wird. „Wer Kraft trainieren will, der geht in die Muckibude, hier hat Technik den Vorrang“, so Otto Spartmann, der die Trainingsbedingungen in der Max-Planck-Straße euphorisch lobt.

Das sehen auch Tom Petry und Dennis Eerenstein so. Tom ist der Enkel von Spartmann, also erblich vorbelastet, aber auch im American Football aktiv. Eerenstein hat sechs Jahre lang Fußball gespielt, ist jetzt begeisterter Gewichtheber. „Es macht Spaß, zu sehen, wie man sich immer weiter entwickelt und ein immer besseres Körpergefühl bekommt“, freut er sich. Tom hat bereits seinen ersten Wettkampf bestritten.

Apropos Wettkämpfe: Der KSV hat mit den Kollegen des SV Bayer eine Startgemeinschaft gebildet, die im Herbst gern wieder mit einer eigenen Veranstaltung auf den Plan treten möchte. Verbindungsmann ist Bayer-Athlet Michael Klockenkemper, der als Beyenburger näher am KSV in Oberbarmen wohnt, am CDG 1977 sein Abitur gebaut hat.

Wettkämpfe werden in den Stilarten Reißen und Stoßen bestritten. Der Vereinsvorsitzende Jürgen Unverzagt, der mit 120 und 160 Kilo noch gern an seine Bestmarken erinnert, nutzt wie viele seiner Kollegen fast täglich die Trainingsmöglichkeit an der Max-Planck-Straße. Immer steht ein Sportkamerad daneben und achtet etwa darauf, dass niemand auf der Drückerbank an der Langhantel „in Not“ gerät. Derartige Probleme hat Kurt A. Rosenberger (85), die lebende Legende des KSV, nicht. Der fitte Senior bereitet sich auf der Übungsfläche nebenan gerade auf die Weltmeisterschaft in Turin vor.

Therapeutische, ja nahezu Wunderwirkung schreiben etliche der Trainingsgäste ihrem Sport zu. So Gerd Liersch (66), der nach Verschleißerscheinungen an der Wirbelsäule jetzt keine Probleme mehr mit dem Aufstehen hat, oder Frank Affüper, dem das Gewichtheben nach einer Behinderung auch die Tür zu anderen Sportarten geöffnet hat.

Gerne hätte der KSV seine Hanteln im vergangenen Jahr mit an die Hauptschule Hügelstraße genommen, wo er mit Hilfe von Landestrainer Markus Wincenziak eine Woche lang den Sportunterricht gestaltete. Da der Hallenboden dort aber für solche Gewichte nicht tragfähig genug ist, blieb es bei athletischen Übungen und dem festen Vorhaben, das Ganze für die Schüler noch einmal im Kraftraum am CDG zu wiederholen. „Wir würden uns sehr freuen, wenn noch mehr junge Menschen zu uns kommen und sehen würden, wie viel Spaß unser Sport macht“, sagt Klubvorstand Jürgen Unverzagt.