Schwimmverband: Ende der Durststrecke in Sicht
WZ-Interview: Schwimmen liegt in Wuppertal weiter voll im Trend. Doch wie sieht die Zukunft aus?
Wuppertal. Die WZ sprach mit Gerhard Stouten, Simone Osygus, Klaus Fechtenhövel und Ralf Beckmann vom Schwimmverband über die Entwicklung des Schwimmsports in Wuppertal.
Sind alle Probleme vom Tisch, wenn erst die Schwimmoper wieder in Betrieb ist?
Klaus Fechtenhövel: Das gilt für Barmen leider nicht. Seit der Schließung der Bäder Bleiche, Kleine Flurstraße und Kurbad sind die Barmer Vereine ohne Hallenbad. Das Angebot in Ronsdorf wird nicht wie erhofft angenommen. Beim Schwimmen spielt die räumliche Nähe zum Bad eine wichtige Rolle, besonders in den Abendstunden und in den Wintermonaten.
Gerhard Stouten: Die Nachfrage nach Trainingszeiten wird weiterhin größer als das Angebot sein. In vielen Vereinen gibt es Engpässe, was die Fitness-Gruppen betrifft, in denen das Schwimmen weniger unter dem Leistungsgedanken steht.
Ralf Beckmann: Jede Trainingsbahn wird schon heute sehr, sehr intensiv genutzt. Im Schwimmleistungszentrum trainieren 20und mehr Aktive auf einer Bahn. Der Verlust der Wasserflächen hat die Vereine hart getroffen. Es müssen stets Kompromisse mit dem Schulsport und dem Publikumsverkehr gefunden werden.
Simone Osygus: Bei der Zusammenstellung unserer Trainingsgruppen (SV Bayer, d. Red) gibt es immer wieder Härtefälle. Unsere neun Anfängergruppen sind absolut voll. Und in den unteren Nachwuchsgruppen sind wir gezwungen, Kindern abzusagen. Sie werden von anderen Vereinen aufgefangen, aber einige hören leider auch ganz auf.
In anderen Sportarten fehlt es an Nachwuchs. Wie sieht es bei den Schwimmern aus?
Gerhard Stouten: Auf der einen Seite haben wir Aufnahmestopps, weil die Wasserflächen für weitere Trainingseinheiten nicht ausreicht. Auf der anderen Seite können inzwischen ein Drittel der Kinder gar nicht mehr richtig schwimmen. Die Zahl der Badeunfälle wächst. Jugendliche und Erwachsene tun sich viel schwerer damit, das Schwimmen zu erlernen, weil die Hemmschwelle im Alter größer wird.
Ralf Beckmann: Der Anteil der Nichtschwimmer in den 5. Klassen ist dramatisch angestiegen. Ein Kind kann nach zehn bis 20Stunden Schwimmunterricht noch nicht sicher schwimmen. 120 Minuten Schulschwimmen bedeuten real 30 Minuten im Wasser. Eine seriöse Ausbildung dauert mindestens ein halbes Jahr. Der Ortsverband wird deshalb Kurse anbieten, wo ein Lehrer zwei Mal pro Woche mit maximal acht Schülern übt. Sollten wir dabei Schwimmtalente entdecken, wäre das ein erfreulicher Nebeneffekt. Doch es gibt auch bei Erwachsenen eine große Nachfrage nach Anfängerkursen.
Einen Winter haben die Vereine ohne die Schwimmoper hinter sich gebracht. Wie hat das funktioniert?
Ralf Beckmann: Es lief besser als erwartet. Das Freibad Neuenhof ist im Winter gut genutzt worden. Eventuell wird daraus eine Dauereinrichtung, denn die Traglufthalle benötigen wir nicht, was Aufbaukosten spart. Das Winter-Schwimmen hat sogar Event-Charakter. Höhere Energiekosten entstehen wegen der Müllverbrennungsanlage nicht.
Simone Osygus: Wir hatten freitags unter freiem Himmel die beste Trainingsbeteiligung. Die Kinder haben das geliebt.
Klaus Fechtenhövel: Für die Freien Schwimmer aus Barmen ist die Fahrt nach Cronenberg leider fast eine Auslandsreise.
Der Druck auf den Schwimmsport wächst durch die explodierenden Energiepreise. Wie reagieren Sie?
Gerhard Stouten: Auch im Leistungsbereich ist eine Konzentration der Kräfte sinnvoll. Ich denke an ein gemeinsames Techniktraining. Dazu müsste man die Vereinsstrukturen auflockern.
Klaus Fechtenhövel: Die Vereine werden noch enger zusammenrücken müssen. Es gibt Ansätze der Nutzung zu außerbetrieblichen Zeiten. Doch bisher liegt die Schallmauer bei 21 Uhr. Spätere Nutzungszeiten werden bisher so gut wie gar nicht angenommen.
Mit dem Hallenbad der Polizei auf Buschland droht auf absehbare Zeit ein weiteres Bad wegzufallen. Was hätte das für Konsequenzen?
Gerhard Stouten: Das Bad wird bisher vom PSV, den Wasserfreunden und den Schulen genutzt. Es würde uns sehr fehlen.
Ralf Beckmann: Es besteht Sanierungsbedarf. Wir können nur Stoßgebete ausrufen, dass die Polizei es noch lange weiterbetreibt. Die Stadt kann es sich zurzeit nicht leisten, das Bad zu sanieren.
Sind Sie generell mit dem Einsatz der Stadt für die Schwimmer zufrieden?
Gerhard Stouten: Die Stadt geht, soweit sie es sich leisten kann, auf unsere Wünsche ein. Im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten werden wir gut unterstützt.
Ralf Beckmann: In Essen, Wuppertal und Heidelberg stehen die Kommunen traditionell hinter dem Schwimmsport.
Klaus Fechtenhövel: Die kostenlose Nutzung der Sportstätten durch die Vereine, wie sie in Wuppertal praktiziert wird, hat für uns existenzielle Bedeutung.
Bleibt Wuppertal als Bundesleistungsstützpunkt erhalten?
Simone Osygus: Mit vielen Erfolgen bei der Jahrgangsmeisterschaft nimmt die SG Bayer eine herausragende Position in NRW ein. Vom Ausstieg der Bayer AG aus dem Leistungssport sind die Schwimmer bisher nicht betroffen. Nach den Spielen in Peking wird der Deutsche Schwimmverband zwar eine Zäsur vornehmen. Ich gehe aber davon aus, dass Wuppertal neben Essen in NRW die besten Chancen hat.