Fußball-Regionalliga Wuppertaler SV reißt Spiel in Aachen noch aus dem Feuer

Aachen/Wuppertal · Im Eröffnungsspiel der Regionalliga-Saison gewinnen die Wuppertaler vor 27 300 Zuschauern in Aachen im dramatischen Schlussspurt mit 2:1. Der Sieg war aufgrund der Spielanteile verdient, der Elfmeter zum 1:1 aber wohl unberechtigt.

Damjan Marceta kommt nach einer Ecke nicht an den Ball. Dem WSV fehlte es im Strafraum lange an Durchschlgskraft.

Foto: Marc Posthaus

Es war ein Saisoneröffnungsspiel, das die Massen elektrisierte und das es so in der Regionalliga-West noch nicht gegeben hat. 27 300 Zuschauer am Aachener Tivoli sahen einen 2:1-(0:1)-Sieg des WSV, der lange nicht für möglich gehalten wurde, den aber nach unglücklichem Rückstand durch ein Eigentor in der Nachspielzeit Damjan Marceta per Strafstoß und Lion Schweers nach einer Ecke sicherstellten. Dass das Foul, das zum Elfmeter führte, deutlich vor dem Strafraum stattgefunden hatte, war für den WSV sicher glücklich, der Sieg insgesamt aber verdient.  

Die letzten fünf Spiele hatte der WSV in Aachen gewonnen, seit 2017 nicht mehr gegen die Alemannia verloren, doch dafür konnte man sich am Freitag natürlich nichts kaufen.  Als zunächst die Torhüter der Wuppertaler eine gute Dreiviertelstunde vor Spielbeginn den Rasen betraten, erhielten sie schon mal einen Vorgeschmack darauf, was ihre Mannschaft erwarten würde. Ein ohrenbetäubendes Pfeifkonzert von der schon gut gefüllten Werner-Fuchs-Tribüne, der Stehtribüne der Alemannia, hallte ihnen entgegen, dabei war noch lange nicht die Hälfte aller Fans in diesem imposanten Stadion, das absolutes Erstligaformat hat. Die WSV-Anhänger – es dürften am Ende rund 1500 gewesen sein – versuchten alles, um dagegenzuhalten.

„Genießen und cool bleiben“ hatte WSV-Trainer Hüzeyfe Dogan ausgegeben. In seiner Startaufstellung hielt er keine großen Überraschungen parat. Im offensiven Mittelfeld entschied er sich gegen Semir Saric, der bei der Generalprobe gegen Steinbach blass geblieben war und für den Ex-Aachener Tim Korzuschek, der gegen seinen alten Verein natürlich besonders heiß war. Vorne stürmte Phil Beckhoff von Beginn an mit Damjan Marceta. Der Niederländer Charlison Benschop saß zunächst auf der Bank, genau wie Mittelfeldroutinier Kevin Pires, dem Dogan - wie gegen Steinbach - den aggressiven Balllklauer Steve Tunga vorgezogen hatte.

Trotz der großen Geräuschkulisse begann die Partie einigermaßen verhalten. Beim WSV war der Ball nach Balleroberung zwar zumeist schnell wieder weg,  in die gefährliche Zone ließ man die Gastgeber aber nicht eindringen. Damjan Marceta sorgte dann für die ersten gefährlichen Momente im WSV-Angriff, wirkte aber auf dem Weg zum Tor etwas zu unentschlossen, einmal ließ er sich den Ball noch abnehmen, beim zweiten Mal, als Verteidiger Mika Hanraths ausrutschte und er aufs Tor zustürmen konnte, entschied er sich zum Abspiel auf den gedeckten Beckhoff, statt es selbst zu versuchen. Der WSV schien gut im Spiel, brachte sich dann aber selbst in Schwierigkeiten. Erst unterlief Steve Tunga im Mittelfeld nach unnötigem Ballverlust ein Foul, das mit Gelb bestraft wurde, dann gab es Freistoß für Aachen an der rechten Strafraumkante. Den scharf nach innen getretenen Ball bekam im Strafraum Lukas Demming unglücklich an den Oberschenkel und lenkte ihn unhaltbar für Sebastian Patzler ins eigene Tor.  Ärgerlich, denn Aachen war hier nicht das bessere Team. Leider wirkte der WSV in vielen Szenen etwas zu halbherzig, um das auszunutzen. Was sich schon in den Testspielen angedeutet hatte, es fehlte vor allem im Mittelfeld.

Untadelig war die Dreierkette, in der vor allem Kapitän Kevin Pytlik in Klassemanier alles abräumte, was auf ihn zukam. Er zeigte das Zutrauen und die Entschlossenheit, die einigen seiner Kollegen zu fehlen schien. Unnötigerweise, wie man nach einer halben Stunde sagen musste. Was man eigentlich vom WSV erwartet hatte: Aachen griff erst an der Mittellinie an, wartete auf Ballverluste des WSV, die dann auch schnell kamen. Niemand schien hier die Bälle auch mal festmachen zu können. Auch Phil Beckhoff blieb bei seinen Dribblings oft schon im Ansatz hängen. Erstmals musste Aachens Torwart Marcel Johnen nach 37 Minuten eingreifen, als Kevin Hagemann im Anschluss an die zweite WSV-Ecke aus dem Rückraum zum Schuss kam. Kurz vor der Pause hatte dann Tim Korzuschek seine bis dahin beste Szene, drang endlich mal entschlossen in den Strafraum ein und passte in die Mitte, wo Demming aber noch abgeblockt werden konnte. Dritte Ecke für den WSV, bei Aachen war das noch Fehlanzeige, doch die Gastgeber führten  eben.

Hüzeyfe Dogan wusste, dass er etwas ändern musste, brachte mit Wiederanpfiff Kevin Pires für den schon gelbverwarnten Tunga und Charlison Benschop im Sturm für den blassen Beckhoff. Und tatsächlich konnte der WSV den Druck zunächst verstärken. Nach 55 Minuten musste dann Kevin Hagemann verletzt vom Feld, wurde auf seiner Position auf der linken Außenbahn durch Hüseyin Bulut ersetzt, der noch mehr Geschwindigkeit mitbrachte. Der WSV war nun überlegen, wirkte gefährlicher, Aachen ließ den Wuppertalern viel Platz, aber immer wieder passte  der letzte Ball nicht.  Nach einer guten Stunde standen sich  Benschop und Marceta bei der bis dahin besten Chance im Strafraum gegenseitig im Weg.

So rannen die Minuten dahin, das Bemühen war dem WSV nie anzusprechen, aber auch die Brechstange brachte lange keinen Erfolg – bis Charlison Benschop  in der Nachspielzeit bei einem Konter vor dem Strafraum gefoult wurde. Trotz ohrenbetäubenden Pfeiffkonzerts behielt Damjan Marceta die Nerven und versenkte den Ball zum hochverdienten Ausgleich im Netz. Und die Krönung kam noch: Noch einmal Ecke für den WSV und Lion Schweers köpfte in Klassemanier zum Siegtreffer ein. Der war am Ende verdient, auch wenn der WSV sich lange schwer getan hatte.