Wuppertal Mehr Kosten, mehr Personal: Love-Parade-Schock hält an
Treppenlauf und Straßenfest — Großveranstaltungen scheitern an den Sicherheitsauflagen.
Wuppertal. Das Bleicherfest stand auf der Kippe, das Wichlinghauser Straßenfest wurde wegen personeller Engpässe abgesagt. Nun haben die Organisatoren des Wuppertaler Treppenlaufs am Ostersbaum das Handtuch geworfen, weil sie die geforderten Sicherheitsauflagen personell und finanziell nicht erfüllen können. Der Lauf soll im kommenden Jahr eventuell auf einer kürzeren Strecke neu aufgelegt werden.
Das Thema Sicherheit und organisatorischer Aufwand bei Großveranstaltungen sorgt in diesen Wochen für erbitterte Diskussionen hinter den Kulissen. Auf der einen Seite pochen die Behörden auf die Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen, auf der anderen Seite stoßen die Veranstalter, darunter viele Ehrenamtliche und Vereine, an die Grenzen ihrer finanziellen Möglichkeiten und Belastbarkeit.
Jede Veranstaltung wird geprüft
und Jahr für Jahr neu genehmigt
Das Sicherheitskonzept für Großveranstaltungen in Wuppertal wurde nach der Love-Parade-Katastrophe 2010 erstellt. Jahr für Jahr müssen die Veranstalter aktualisierte Sicherheitspläne einreichen. Zudem gibt es jeweils Ortstermine, bei denen die erforderlichen Auflagen mit Feuerwehr, und Ordnungsamt besprochen werden. Die Abwägung des Notwendigen mit dem Machbaren vor einem Großereignis ziehen sich oft über Monate hin. Die Stadt wehrt sich gegen die Rolle des Spaßverderbers. „Wir sind Möglichmacher und keine Verhinderer“, sagt Dezernent Matthias Nocke. Er will die Großveranstaltungen zum Thema der nächsten Fachausschusssitzung machen und die Veranstalter zu einer Gesprächsrunde mit der Stadt einladen.
Das Carneval Comitee Wuppertal (CCW) steht bereits jetzt in Verhandlungen mit der Stadt über die Sicherheit beim Rosensonntagszug am 26. Februar 2017. „Die Stadt hätte gerne, dass wir die B 7 überdachen, damit uns kein abstürzender Hubschrauber auf den Kopf fällt“, sagt Wilfried Michaelis, Präsident des CCW, schmunzelnd. Zum Lachen ist ihm allerdings nicht zumute, wenn er an die Kosten für beleuchtete Absperrgitter denkt. „Die Lampen auf den Gittern sind vorgeschrieben und schalten sich bei Dunkelheit ein. Ich habe diese Lampen, für die wir rund 800 Euro extra zahlen, aber noch nie brennen sehen. Eine andere Vorschrift besagt nämlich, dass der Rosensonntagszug bei Tageslicht beendet sein muss“, so Michaelis.
Kostenfaktoren bei der Sicherung von Großveranstaltungen sind sogenannte Meldeketten, für die Personal und Material bereitgehalten werden müssen. „Der Einsatz von Handys allein genügt nicht, da bei einer Massenpanik das Handynetz zusammenbrechen könnte. Es müssen Funkgeräte zur Verfügung stehen“, sagt Stadtsprecherin Ulrike Schmidt-Kessler.
Verkehrskadetten sind
nicht zum Nulltarif zu haben
Die Absperrungen von Kreuzungen und Einmündungen, wie zum Beispiel bei Stadtläufen erforderlich, sind ebenfalls sehr personalintensiv. Beim Treppenlauf mit einem sehr großen Aufwand für 300 Starter kamen regelmäßig Verkehrskadetten zum Einsatz. Die betreffende Verkehrswacht stellt für die Abstellung der jungen Sicherheitskräfte eine Ausbildungsvergütung in Rechnung, die durchaus auch im höheren vierstelligen Bereich liegen kann, wie die Verkehrswacht Mettmann auf Anfrage bestätigt. „Das war für uns nicht mehr zu stemmen“, erklärt Jürgen Zilian von der LG Wuppertal.
Er habe nicht den Eindruck, dass die Sicherheitsauflagen speziell in diesem Jahr verschärft worden seien, sagt Matthias Nocke. „Was angewandt wird, sind die geltenden gesetzlichen Regeln.“ Dass die Bestimmungen nach dem ersten großen Schock der Katastrophe von Duisburg im Verlauf der Jahre wieder zurückgefahren würden, davon geht Nocke nicht aus. „Nein, bei der Sicherheit gibt es keinen Rabatt.“ Umso wichtiger sei die optimale Kommunikation zwischen Behörden und Veranstaltern. „Da gab es beim Bleicherfest Probleme, die jetzt ausgeräumt sind.“
Auf die Organisatoren kommen Jahr für Jahr personelle und finanzielle Kraftakte zu. Und nicht bei allen Festen lohnt sich der Aufwand noch.
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