Wuppertal Meldeamt: Die Stadt lässt Wartende im Regen stehen
Freitagmorgen bildeten sich erneut lange Schlangen am Steinweg. Gummibärchen von den Grünen sind nur ein kleiner Trost.
Wuppertal. Freitagmorgen, 7.30 Uhr vor dem Einwohnermeldeamt (EMA) am Steinweg: Wie schon seit Wochen stehen die Bürger bis zum Sedansberg hoch. Sie alle wollen etwas im EMA erledigen, sei es einen Personalausweis beantragen, sich um- oder anmelden. Wie auf Knopfdruck geht ein Regenschauer nieder. Ein wenig Abhilfe für die Bürger will die Ratsfraktion der Grünen schaffen: Sie verteilen Gummibärchen an die Wartenden — ein kleiner Trost.
Lutz Stellenberg zum Beispiel steht seit 6.20 Uhr an und ist der erste an der Tür zum Einwohnermeldeamt. Rein kommt er noch nicht — zu voll. Der Wachmann am Eingang achtet darauf, dass sich niemand an ihm oder der Warteschlange vorbeidrängelt. Nachfragen zu Unterlagen, die ihm Einzelne stellen, kann er freilich nicht beantworten. Das können nur die Kollegen am Empfang. Doch bis dahin ist es ein zeitraubender Weg.
Justus Schmitt-Sasse war um 6.15 Uhr am Steinweg. Er hat sein Ticket, das er wie ein Gewinnerlos in der Hand hält, als vierzehnter an diesem Tag gezogen. Sein Blick gleitet auf die Anzeigetafel über ihm: „Neun Minuten Wartezeit“ ist dort zu lesen.
Der Student lacht, als seine Nummer angezeigt wird, denn inzwischen ist es 7.40 Uhr und seine Wartezeit liegt damit bei 85 Minuten. „Ich wusste, dass es voll ist“, sagt er. Trotzdem muss er heute seinen Reisepass beantragen, denn es soll kurzfristig in Urlaub gehen. „Vorher habe ich keinen Pass gebraucht.“
So geht es auch Britta Eulig. Sie hat vor wenigen Tagen erfahren, dass sie ein Jahr lang mit „Work and Travel“ in Australien arbeiten kann. „Ich hoffe, der Pass wird rechtzeitig fertig“, sagt die junge Frau, die schon das zweite Mal in dieser Woche beim EMA vorstellig wird. „Beim ersten Mal hatte ich das Stammbuch nicht dabei. Ich wusste gar nicht, dass ich das brauche“, berichtet sie leicht verärgert. Auch da hätte sie lange warten müssen, nur um dann unverrichteter Dinge wieder nach Hause gehen zu können.
Sofia Tassioula will sich ummelden. Eigentlich wollte sie online einen Termin vereinbaren, aber: „Der nächste wäre am 18. Juli gewesen und man muss sich ja innerhalb von zwei Wochen ummelden. Also verbringe ich jetzt meinen freien Tag hier.“
Genau wie Ewa König neben ihr hat sie wenig Verständnis für die langen Wartezeiten im Einwohnermeldeamt. „Das ist schon seit Wochen so“, sagt König, deren Freunde direkt am Steinweg wohnen und jeden Tag die Schlangen beobachten.
In der nächsten Ratssitzung am 4. Juli wollen die Grünen fordern, dass die „2010 beschlossene Zentralisierung der Bürgerdienste“ zurückgenommen wird. „Denn vor 2011 gab es solche Situationen wie jetzt nicht“, sagt Fraktionschef Marc Schulz. Damals hatten die Bürgerbüros in den Stadtteilen Aufgaben des Einwohnermeldeamtes miterledigt.