WZ-Testbericht Neue Handy-App: Auf der Grünen Welle durch Wuppertal reiten (Mit Video)

Eine Handy-App soll Autofahrern in Wuppertal ermöglichen, die Ampelphasen möglichst gut zu nutzen. Wir haben sie ausprobiert.

Die App zeigt auch an, wann eine Ampel wieder grün wird.

Foto: Büsra Sönüksün

Wir fahren im Auto auf eine rote Ampel zu. Der Handybildschirm zeigt eine stilisierte Straße, die kurz vor der Ampel rot eingefärbt ist, weiter davor aber grün. Der Fahrer geht vom Gas, schaltet herunter, lässt ausrollen – und der blaue Pfeil, der für die aktuelle Position steht, ist im grünen Bereich. Bevor das Auto ganz zum Stillstand gebracht werden müsste, springt die Ampel auf Grün. Gas geben, hochschalten, weiterfahren.

Eine Handy-App soll Autofahrern ermöglichen, die Ampelphasen in Wuppertal möglichst gut zu nutzen und auf der grünen Welle zu reiten. Noch ist die Stadt in der Testphase, sagt Rolf-Peter Kalmbach, Leiter der Abteilung Straßenverkehrstechnik bei der Stadt. „Hinter den Kulissen läuft die App schon längst“, und das Ziel ist, sie im Laufe des Jahres 2023 für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Vorher braucht es einen zusätzlichen Server. „Im Moment stößt die Verkehrsrechnung bei der Vorhersage an die Grenze der Leistungsfähigkeit.“ An manchen Stellen soll auch die Zuverlässigkeit der Prognosen noch verbessert werden. „Ich hätte gern, dass die App zuverlässig funktioniert. Wir sind bei annähernd 100 Prozent, ich hätte aber gern 150 Prozent.“

Bei Rotphasen zeigt die App an, wann die Ampel wieder grün wird

Bei unserer Testfahrt durch Wuppertal – von der Stadthalle über die B7 zum Loh, die Carnaper Straße herunter zum Alten Markt, über Heckinghausen und Oberbarmen wieder zurück zum Alten Markt, und über Uellendahler Straße und Gathe zurück zur Stadthalle – stimmen die meisten Vorhersagen. An der Gathe wird eine Ampel als rot angezeigt, obwohl sie grün ist und auch bleibt. Auf der Berliner Straße lautet eine Prognose, dass die Grünphase nicht mehr erreichbar ist, obwohl die Ampel erst genau beim Überfahren auf Gelb springt. Die Vorhersagen an allen anderen Stellen der Test-Route stimmen mit der tatsächlichen Anzeige auf der Straße überein. „Das Verkehrsgeschehen und die tatsächlichen Ampelanzeigen müssen in jedem Fall beachtet werden und haben immer Vorrang vor den Anzeigen und Ansagen der App“, stellt der Sicherheitshinweis klar, der beim ersten Start angezeigt wird.

Als die grüne Welle bricht und wir vor einer roten Ampel stehen, zeigt die App an, in wie vielen Sekunden sie wieder grün wird. Zumindest an den meisten Ampeln ist diese Funktion verfügbar. Das kann helfen, die Start-Stopp-Automatik sinnvoll zu nutzen: Wird die Ampel in wenigen Sekunden wieder grün, lohnt es sich nicht, den Motor auszuschalten. Dauert die Rotphase länger, am Oberbarmer Bahnhof beispielsweise zeigt die App gut 60 Sekunden an, ist das sinnvoll. Drei Sekunden, bevor die Ampel wieder umspringt, weist die Sprachausgabe darauf hin.

Sie soll ermöglichen, sich auf den Verkehr konzentrieren zu können. „Es darf nur in sicheren Verkehrssituationen auf das Display geschaut werden“, so der Sicherheitshinweis, während der Fahrt dürfe die App nicht bedient werden. Um neben einem Navigationsgerät nicht noch einen zweiten Bildschirm zu haben, werde auch daran gearbeitet, ein Navigationssystem zu integrieren, kündigt das Unternehmen Gevas an. Es bietet die kostenlose App Trafficpilot an, die in anderen Städten bereits öffentlich verfügbar und im Einsatz ist.

Zum Beispiel in Düsseldorf. Rolf-Peter Kalmbach erklärt, warum die Umsetzung in Wuppertal schwieriger ist: „Düsseldorf hat einen hohen Anteil Festzeitsteuerung. Zur gleichen Sekunde jedes Tages zeigt die Ampel dieselbe Farbe. In Wuppertal werden viele Ampeln verkehrsabhängig geschaltet“, zum Beispiel, wenn Fußgänger über die Straße wollen und dafür auf den Knopf drücken. „Das ist ein hoher Rechenaufwand.“ Mit dieser Technik sei Wuppertal Vorreiter in der Umsetzung.

Die App benötigt eine Internetverbindung und Zugriff auf die GPS-Ortung. Weil sie nicht genau genug ist, um zu erkennen, ob ein Auto geradeaus fährt oder auf einer Abbiegerspur unterwegs ist, teilt sich die Anzeige an Kreuzungen. Stehen Ampeln kurz hintereinander, wird die nächste erst angezeigt, wenn die andere überfahren wurde. In der Innenstadt macht das vorausschauendes Fahren stellenweise schwierig, weil die Informationen zu spät kommen, um gut reagieren zu können.

Kurz vor Schluss der Testfahrt, von der B7 über die Südstraße zur Stadthalle, meldet sich die Sprachausgabe. Der Fahrer solle die Geschwindigkeit auf Tempo 16 reduzieren, um die Grünphase der nächsten Ampel zu erwischen – die aber noch rund 500 Meter entfernt ist. Die Fahrer dahinter, die die App nicht nutzen, könnten diese Geschwindigkeit bei erlaubten 30 Kilometern pro Stunde wahrscheinlich kaum nachvollziehen.

Die Handy-App hat noch ein paar kleine Probleme. Doch wenn sie als Hilfestellung genutzt wird, bei einem dennoch normalen Fahrverhalten, könnte sie dazu beitragen, vorausschauender und spritsparender in Wuppertal unterwegs zu sein. Eine Option für Radfahrer gibt es übrigens auch.