Wuppertaler Handel „Online City ist in der harten Realität angekommen“

Das Projekt geht in die nächste Runde. Der Verein will die Entwicklung der Internetplattform vorantreiben.

Markus Kuhnke ist mit seinem Süßwarenladen „Naschkatzenparadies“ bei Online City vertreten.

Foto: dpa/Marius Becker

Die Vogelperspektive und der Blick von oben können dafür sorgen, dass man seine Strategie überdenkt und sein Handeln den Gegebenheiten anpasst. Insofern hatte der Veranstaltungsort für das Treffen zum Abschluss der Förderphase des Projekts „Online City Wuppertal“ durchaus Symbolwert: Von der 19. Etage des Stadtsparkassen-Turms konnten die Projektbeteiligten am Dienstagabend einen Blick auf Wuppertal werfen – und sich zugleich die Frage stellen, was mit dem bundesweit vielbeachteten Projekt bislang erreicht wurde.

Im Jahr 2014 war das Projekt mit großer überregionaler Medienbegleitung gestartet, sollte „Online City Wuppertal“ doch das Beste aus beiden Welten vereinen: den stationären Handel und die unendlichen Welten des digitalen Einkaufens. Der gute Service des regionalen Handels sollte mit den Marketingeffekten des Internets verknüpft, der lokale Handel nachhaltig gestärkt und überlebensfähig gemacht werden.

All das gipfelte in dem durchaus selbstbewussten Marketingsatz: „Kauf an der Wupper, nicht am Amazonas“. Es handelte sich um ein Pilotprojekt, das von Bund und Land NRW gefördert wurde. So hatten das Land und Projektpartner das Vorhaben in den vergangenen beiden Jahren mit rund 300 000 Euro unterstützt.

Diese Förderung läuft jetzt allerdings aus. Die städtische Wirtschaftsförderung, die das Projekt bislang federführend betrieben hat, will die Geschäftsaktivitäten dem Trägerverein „Talmarkt – Online City Wuppertal“ überantworten. Wobei die Verbindung zwischen Stadt und lokalem Handel weiter stark bleibt, ist der Vereinsvorsitzende Rolf Volmerig doch in Personalunion auch Vorstand der Wirtschaftsförderung. Derzeit hat der Verein 57 Mitglieder – neben Händlern auch Dienstleister. Mittelfristig hat man als Zielrichtung etwa 100 Unternehmen, die sich beteiligen sollen.

Der Aufwand für die
Beteiligten sei sehr hoch

Volmerig räumte freilich ein, dass längst noch nicht alle Blütenträume Knospen tragen. Nach einer Phase der Euphorie sei man mit dem Projekt mittlerweile in der „harten Realität“ angekommen, räumte er bei der Vorstellung seiner Zwischenbilanz ein. Man sei zwar bundesweit die „Nummer eins, die hybriden Handel betreibt“, allerdings sei der zeitliche und organisatorische Aufwand für die Beteiligten doch sehr hoch. Derzeit seien rund 1,1 Millionen Produkte online, betonte Volmerig. Wobei nicht jedes Mitglied des „Talmarkt“-Vereins als Internethändler auftritt, etwa ein Drittel beschränkt sich auf die „Schaufenster“-Variante, stellt sein Angebot zwar im Internet dar, verkauft die Waren aber nicht über das Online-Portal.

Luft nach oben für das Vorhaben sieht auch Professor Dr. Stephan Zielke, Experte für Multi-Channel-Management der Bergischen Uni. Er brachte den Nutzen von „Online City Wuppertal“ auf einen wohlformulierten Satz, der Lob mit Ansporn verband: „Das ist ein tolles Projekt, das viel Potenzial hat.“

Dazu müssten allerdings alle Beteiligten weiter „am Ball bleiben“. Und dafür seien eben auch einige Anpassungen nötig. So müsse etwa die Bekanntheit der Plattform, die über den Online-Dienstleister Atalanda betrieben wird, noch deutlich verbessert werden, erklärte der Wissenschaftler. Weitere Services zum Beispiel aus dem Hotelier- und gastronomischen Bereich oder auch Infos zu Ärzten und Gesundheitseinrichtungen sollten integriert werden, betonte Zielke. Ziel aller Aktivitäten müsse ein City-Portal sein, „wo ich alles finde, was ich zu einer Stadt brauche“.

Der Atalanda-Geschäftsführer Roman Heimbold kündigte denn auch Verbesserungen bei der Darstellung im Internet an, zudem sollen zusätzliche Services in die Online-Präsentation integriert werden können. Zugleich konnte Heimbold auch auf steigende Google-Klickzahlen für das Portal von „Online City Wuppertal“ verweisen.

Nicht alle Händler zeigten sich nach dem Start des Online-Portals von dem Projekt angetan, einige sprangen wieder ab, weil die Umsatzeffekte durch die Internetpräsenz nicht so stark waren wie erhofft. Dabei geblieben und weiter dabei bleiben will allerdings Mike Neeb, Inhaber von „Futterbuddy“ aus Vohwinkel. Er ist seit Ende 2015 auf „Online City Wuppertal“ vertreten und kann etwa 2400 Produkte rund um Tierfutter und –bedarf liefern. Erst in den vergangenen anderthalb Jahren habe es nennenswertere Umsätze gegeben, die durch das Projekt generiert wurden, sagte er gegenüber der WZ.

Gleichwohl sei der finanzielle Effekt für ihn eher ein „Zubrot“. Dennoch führe an einer digitalen Vermarktungsplattform kein Weg vorbei: „Das öffnet einem die Tür!“ Das Projekt schaffe die Strukturen, um im Netz auffindbar zu sein und neue Kunden anzulocken. Um die Vermarktung effektiv zu gestalten, müsse man aber viel „aus eigener Hand“ machen, betonte Neeb.