Online oder stationär?
Am Mittwoch war es wieder so weit, so weit wie am Dienstag, am Montag, am Donnerstag, so weit wie eigentlich an jedem Werktag: Gelbe, braune, weiße Lieferwagen, soweit das Auge reicht. Dahinter Blechlawinen, die ihren Weg an den Hindernissen vorbei nicht fanden.
Deutschlands Städte, nicht nur Wuppertal, werden geflutet von Paketdiensten, die es dank äußerst schlanker Personalkostenkalkulation schaffen, ein Paket für knapp sieben Euro versichert von Passau nach Flensburg oder auch von Chemnitz nach Aachen zu schicken. Das ist auch deshalb möglich, weil die Lieferwagen-Betreiber wie Speditionen ihr Geld auf und mit Straßen verdienen, die alle Bürger mit ihren Steuern bezahlt haben. Angesichts verhältnismäßig niedriger Löhne und hoher Belastungen für Boten, Straßen und Umwelt ist der Rückfluss in die Allgemeinheit kaum mehr als ein Rinnsal. Das ist überall so, und es ist nichts, was Wuppertal ändern könnte. Wuppertaler allerdings könnten das schon.
Seit Jahr und Tag klagt der Einzelhandel auch in Wuppertal über Umsatzrückgänge. Dass Verbände, Gewerkschaften und die Händler dabei nicht über Phantomschmerzen schwadronieren, zeigen leerstehende Ladenlokale selbst in guten Innenstadtlagen. Auch das ist kein Wuppertaler Phänomen. Sogar im Dunstkreis der Düsseldorfer Königsallee haben Händler aufgegeben und finden Immobilienbesitzer keine Nachmieter für Einzelhandel. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Einerseits schrecken utopische Mietpreise Interessenten ab, andererseits grassiert der Online-Handel. Es gibt nichts, was es nicht auch im sogenannten Netz gibt, zumeist preisgünstiger, weil die Händler im weltweiten Datennetz lediglich Lagerräume betreiben mit so gut wie keinem Personal, was ihre Preiskalkulation um einen teuren Posten entlastet. Das Ergebnis sind gelbe, braune und weiße Lieferwagen, hinter denen sich im Berufsverkehr morgens wie abends Blechlawinen bilden, und Leerstände auch in besten Innenstadtlagen.
Nun wäre es logisch und fair, den Wettbewerbsvorteil des Onlinehandels beispielsweise durch eine Transportsteuer oder Nutzungsgebühren für das Straßennetz auszugleichen. Dann wäre der Toaster aus dem Netz vielleicht zwar immer noch billiger als der aus dem Laden in der Fußgängerzone, aber die direkte Ansprache, die unmittelbare Beschwerdemöglichkeit und der Reparaturservice an Ort und Stelle wögen möglicherweise schwerer.
Außerdem käme ein Phänomen wieder besser zur Geltung, das in sehr vielen Geschäften auch in Wuppertal zu beobachten ist. Da wäre zum Beispiel die Einzelhandelskauffrau im Lebensmittelmarkt, die einen Kunden auf der Suche nach Süßstoff nicht knapp gestikulierend in irgendwelche Gänge schickt, sondern den Suchenden zur Ware begleitet. Da wäre die Fachkraft, die ihrem Kunden erklärt, dass keine neue teure Armbanduhr fällig ist, nur weil die Batterie ihren Geist aufgab, und da wären Menschen, wie der Kassierer in einem Supermarkt in der Elberfelder Südstadt, der auch unter größtem Stress für jeden Kunden, egal wie alt, welcher Herkunft, ob eher wohlhabend oder Hartz-IV-Empfänger, egal ob morgens um sieben oder je nach Schicht abends kurz vor zehn ein freundliches Wort und ein Lächeln parat hat.
Internet oder stationär? Beides geht, beides ist berechtigt. Aber etwas macht den Unterschied: Das freundliche Lächeln gibt es online nicht.