Orgel wartet auf nächsten Auftritt

Instrument aus der Barmer Stadthalle ist jetzt an der Saale zu Hause.

Foto: Historisches Zentrum

Prächtig thronte die Barmer Stadthalle neben dem Toelleturm über Barmen. 1897 wurde der Bau eröffnet, der 1800 Besuchern Platz bot. Die Gäste konnten bequem mit der Barmer Bergbahn zu Konzerten und Festen fahren. Doch beim großen Luftangriff 1943 wurde die Barmer Stadthalle zerstört und wurde nicht wieder aufgebaut. Heute befindet sich auf dem Gelände das Gebäude des Wupperverbands.

Ein wichtiges Element der Stadthalle hat jedoch überlebt: die Orgel. Orgelbauer Ernst Röver aus Hausneindorf bei Quedlinburg hatte sie für den großen Konzertsaal gebaut. „Mit ihren mehr als 40 Registern gehörte dieses Orgelwerk zu den größten Orgeln Wuppertals“, sagt Kirchenmusikdirektor Prof. Martin Blindow.

Der Musikwissenschaftler, der in Wuppertal als Sohn des Pfarrers Johannes Blindow geboren ist und heute in Münster lebt und wirkt, schreibt gerade ein Buch über den Orgelbauer Röver. „Röver hatte acht Jahre vorher die damals größte Orgel Deutschlands in Hamburg gebaut und sich durch eine eigene Konstruktion der „Kastenlade’ einen Namen in der Orgelfachwelt gemacht“, sagt Blindow.

Röver war verwandt mit dem Wuppertaler Stadtbaumeister Carl Winchenbach, der vermutlich den Kontakt herstellte. Allerdings kaufte Barmen die Orgel nicht, sondern mietete sie von Röver. Feierlich wurde die Orgel mit dem Barmer Volkschor sowie dem Kölner Gürzenich-Organisten Friedrich Wilhelm Franke und einer Harfenistin Stauffer eingeweiht. Leider sind von dieser Orgel keine Fotos erhalten. „Ich habe im Wuppertaler Stadtarchiv nachgefragt - auch dort gibt es keine Bilder“, bedauert Blindow. 1921 jedoch wurde der Barmer Konzertsaal vergrößert. Deshalb musste die Orgel weichen. Der Mietvertrag wurde gekündigt und Röver baute seine Orgel wieder ab.

Das in der Fachpresse als „wohlklingend“ gepriesene Instrument fand schnell eine neue Verwendung: Schon im November 1921 wurde es in der Martinikirche in Halberstadt an der Saale eingeweiht. „Mit einem neuem Orgelspieltisch stand das Orgelwerk jetzt in einem prachtvollen Renaissance-Gehäuse von David Beck von 1596. Sie überstand dort den zweiten Weltkrieg, weil sie wegen des wertvollen Gehäuses abgebaut und gesichert worden war“, so Blindow.

Die Kirchengemeinde wollte allerdings eine rekonstruierte Renaissance-Orgel für ihr Gehäuse bauen lassen und suchte einen Abnehmer für das Röver-Instrument. „Vor fünf Jahren übernahm die St. Stephanie-Gemeinde in Calbe (Saale) die inzwischen denkmalgeschützte Orgel. Dort ist das Instrument eingelagert“, hat Blindow herausgefunden. Die Kirchengemeinde möchte die Orgel wieder aufstellen, sammelt dafür aber noch Geld. Es wird also noch etwas dauern, bis die Barmer Stadthallenorgel wieder erklingt.