Wuppertal Papierlose Bezirksvertretungen: Noch gibt es Widerstand
Die Verwaltung will Politiker mit Tablets ausstatten. Vier sperren sich.
Wuppertal. Wenn es nach der Verwaltung geht, ist die Zeit der Papierstapel in den Gremien und Ausschüssen abgelaufen. Auch in den zehn Bezirksvertretungen (BV) sollen die Lokalpolitiker wie schon im Rat zukünftig mit Tablet-Computern ausgestattet werden. Knapp 150 iPads sollen dafür angeschafft werden. Der Hintergrund: Bis zu 12 000 Euro jährlich könnten bis 2020 eingespart werden, hat Florian Kötter, der das Projekt bei der Stadt betreut, ausrechnen lassen. Die Idee, für die er und sein Kollege Abdessamad Amaadachou bei einer Tour durch die BVs warben, kam bei der großen Mehrheit der Mitglieder gut an — eine Handvoll wehrt sich allerdings.
Fünf seien es zunächst gewesen, erklärt Kötter, verteilt auf vier BVs. Hauptgrund für die Ablehnung? „Ich möchte es mal ,die Liebe zum Papier’ nennen“, sagt Kötter. Namen möchte er nicht nennen.
Die haben sich aber natürlich längst rumgesprochen unter den anderen BV-Mitgliedern. Denn viele können die Weigerung nicht nachvollziehen. „Ich bin ohne Einschränkung dafür“, sagt etwa Barmens Bezirksbürgermeister Hans-Hermann Lücke (CDU). Auch Gabriela Ebert (SPD), Bezirksbürgermeisterin in Uellendahl-Katernberg und selbst eher „Papier-Anhängerin“, stimmt für die Ausstattung mit iPads. „Bei uns in der BV gibt es auch Mitglieder, die sich nicht so gut mit der Technik auskennen. Aber dann hilft man sich untereinander“, erklärt Hans Jürgen Vitenius (SPD), Bezirksbürgermeister in Elberfeld.
„Alle Bezirksbürgermeister und Bezirksbürgermeisterinnen finden die Idee gut“, sagt Kötter. „Auch aus unserer Sicht spricht nichts dagegen.“ Andere Städte hätten positive Erfahrungen damit gemacht. Kötter hofft deshalb, dass er auch die „Verweigerer“ noch überzeugen kann.
Einer von ihnen ist Dirk Rummel, der für die Linke in der BV Barmen sitzt. „Als zusätzliches Angebot ist das ja nicht schlecht“, sagt der Gymnasiallehrer. „Aber ich arbeite nun mal sehr gerne mit Papier.“ Es gehe schließlich nicht nur ums Lesen. „Ich mache mir Anmerkungen am Rand. Ich muss auch Stellen markieren können, Blätter mal nebeneinander legen und Ähnliches.“ Dass es laut Stadt jedem BV-Mitglied freigestellt sei, sich einzelne Teile der Tagesordnung selbst zu Hause auszudrucken, sei kein Argument. Es gebe die Tendenz von Seiten der Verwaltung, Arbeit abzuwälzen, sagt Rummel. „Das lehne ich ab.“ Ähnlich sieht das Günter Schnur, der die WfW in Langerfeld-Beyenburg vertritt. „Ich steh’ auf Papier. Da bin ich Traditionalist“, sagt der Rentner, der auch nicht einsieht, zu Hause selbst auszudrucken. „Außerdem will ich mich mit einem iPad nicht in Abhängigkeiten begeben. Mit Papier kann ich machen, was ich will“, so Schnur.
„Ich habe die Befürchtung, dass Themen einfach schneller abgehakt werden, wenn man sie nur noch auf dem Monitor hat“, sagt Barbara Stenzel, Vertreterin der WfW in Cronenberg. „Vielleicht bin ich ja Exotin, aber für mich ist die Papierform nicht zu ersetzen.“ Neben Stenzel gibt es nach WZ-Informationen noch eine weitere Nein-Stimme aus Cronenberg. Und auch in Uellendahl-Katernberg gab es wohl in Reihen der CDU einen Abweichler oder eine Abweichlerin. Der scheint von der Fraktion allerdings „eingefangen“ worden zu sein, wie der stellvertretende Bezirksbürgermeister Hans-Joachim Lüppken (CDU) auf WZ-Anfrage bestätigt. „Wir sind jetzt geschlossen dafür.“
Bleiben also noch vier Kritiker. Was passiert, wenn die nicht einlenken? Kötter betont: „Das Projekt ist nicht gestorben.“ Zwingen könne man keinen, „aber dann müssen wir eben kreativ werden“. Eine Möglichkeit wäre, für die vier Mitglieder dann noch die Unterlagen bei der Stadt auszudrucken und zu verschicken. Denn die Liebe zum Papier scheint groß zu sein. „Selbst im Zeitalter der digitalen Verwaltung hat für mich das gedruckte Wort noch seinen Stellenwert“, zitiert Kötter aus dem Schreiben eines Bezirksvertreters — das passenderweise mit Schreibmaschine erstellt worden ist.