Wer gewinnt? Wer verliert? Die Grünen verzeichnen in Wuppertal den größten Zulauf

Wuppertal · Die großen Volksparteien verlieren seit der Wiedervereinigung eher Mitglieder, als neue hinzuzugewinnen. Die Grünen hingegen haben derzeit regen Zulauf - auch in Wuppertal. Die FDP kann ebenfalls zulegen.

Die Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, besuchte im vergangenen Herbst Wuppertal und den Gaskessel.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Seit der Wiedervereinigung verzeichnet die Mehrzahl der im Bundestag vertretenen Parteien einen starken Mitgliederschwund. Die Volksparteien büßten in den vergangenen Jahren nicht nur Wählerstimmen ein, sondern sie verloren auch an Unterstützung durch aktive und passive Parteimitglieder. Rund 362.000 Einwohner zählt Wuppertal. SPD, CDU, Grüne, FDP und Linke kommen gerade einmal auf rund 3000 Parteimitglieder. Demnach sind weniger als ein Prozent der Wuppertaler in demokratischen Parteien politisch aktiv.

Laut einer Statistik auf Basis von Daten der FU Berlin hat es seit dem Fall der Mauer prozentual die Partei Die Linke mit einem Minus von 78 Prozent am stärksten erwischt. Die SPD verlor seit 1990 über eine halbe Million Mitglieder. Nicht viel besser sind die Zahlen für die zweite große Volkspartei, die CDU. Während SPD und CDU sich auf Mitgliederzahlen knapp über (SPD) und knapp unter 400.000 (CDU) eingependelt haben, konnte die Partei Bündnis 90/Die Grünen ihre Mitgliederzahl seit 1990 mehr als verdoppeln.

Und die Grünen legen auch in Wuppertal zu. Einen Schub löste jüngst die Ernennung von Annalena Baerbock zur Kanzlerkandidatin aus, die mit einer intensiven und offenbar werbewirksamen medialen Berichterstattung verbunden war. In der Vorstandssitzung am 18. Mai konnten die Grünen das 450. Mitglied aufnehmen.

Liliane Pollmann, Sprecherin des Kreisverbandes der Grünen, führt den Zuwachs aber nicht alleine auf den Baerbock-Effekt zurück. „Der kontinuierliche Zuwachs in unserer Mitgliedschaft zeigt, dass unsere Forderungen im Zeitgeist stehen und nur auf ihre Umsetzung warten“, so die Vorstandssprecherin. Michael Hablitzel, der ebenfalls dem Kreisvorstand angehört, erhofft sich von dem Zuwachs an der Basis „neue Dynamik im Bundestagswahlkampf“ für die Kandidatin Anja Liebert.

Steigende Mitgliederzahlen

Auch die Wuppertaler FDP sieht sich gegen den Trend anderer Parteien im Aufwärtstrend. „Aktuell sind es knapp 250 Mitglieder, die Tendenz ist sehr gut“, sagt Veronique Kramer, Geschäftsführerin des FDP-Kreisverbandes Wuppertal. Seit Februar verzeichnet die Wuppertaler FDP steigende Mitgliederzahlen, was auch dem bundesweiten Aufwind bei den Sonntagsumfragen entspricht. „Ich denke, dass die konsequente Haltung der FDP in der Corona-Pandemie honoriert wird“, so Veronique Kramer.

Die Partei Die Linke verzeichnet im Wahljahr 2021 konstante Mitgliederzahlen. „Wir kratzen schon seit Jahren an der 200-Mitglieder-Marke“, beschreibt Gerd-Peter Zielezinski, Fraktionsvorsitzender der Linken in Wuppertal, die Entwicklung. Zielezinski erinnert daran, dass zur Gründung der Linken im Juni 2007 nach der Vereinigung der WASG mit der PDS die Partei einen relativ hohen Altersdurchschnitt aufgewiesen habe. Dass die Mitgliederzahl aktuell kaum Schwankungen aufweise, bedeute nicht, dass es keine Fluktuation gibt. „Für den kommenden Wahlkampf hoffe ich, dass wir wieder Infostände in den Fußgängerzonen aufbauen dürfen. Das direkte Gespräch mit den Leuten auf der Straße ist unsere Stärke“, so Gerd-Peter Zielezinski.

Knapp unter 900 Mitglieder zählt die Wuppertaler CDU. Gehäufte Austritte wie im Osten der Republik hat es wegen der Maskenaffäre nicht in Wuppertal gegeben. „Das hatte keinen Einfluss auf unsere Mitgliederzahl. Zurzeit verzeichnen wir eine leichte Fluktuation, fünf oder sechs Austritten stehen schon mal fünf oder sechs Neuanträgen gegenüber“, sagt Rolf Köster, kommissarischer Vorsitzender des CDU-Kreisverbandes. Einige Austritte aus der Partei habe es gegeben, als die CDU die Nominierung von Uwe Schneidewind zur Oberbürgermeisterwahl mit den Grünen verkündet habe. „Das Thema spielt aber in diesem Zusammenhang keine Rolle mehr“, so Köster. Er geht davon aus, dass sich rund 150 Mitglieder aus dem Vorstand und den Ortsverbänden aktiv im Bundestagswahlkampf einsetzen werden.

Die meisten Mitglieder in Wuppertal weisen traditionell die Sozialdemokraten auf. 1200 Mitglieder zählt die Wuppertaler SPD und kann laut Geschäftsführer Antonio Scarpino auf eine stabile Basis aufbauen. „Bemerkenswert ist, dass wir sehr viele junge Mitglieder und starke Ortsverbände haben, und mit Helge Lindh einen starken Kandidaten. Das stimmt mich optimistisch für den Bundestagswahlkampf“, so Scarpino. Gehäufte Austritte habe es zuletzt vor Jahren wegen der Hartz-IV-Gesetzgebung gegeben, aktuell seien Fälle des Ausscheidens aus der Partei überwiegend altersbedingt.