90 Wuppertaler Jahre 2006 – als Wuppertal voller „Ale“ war
Projekte, Ideen und Hunderte von Vögeln einer Art haben ein Jahr geprägt, dessen Spuren heute noch vielerorts in der Stadt sichtbar sind.
Die Älteren werden sich erinnern. Es hat einmal eine Zeit gegeben, in der sich Solingen, Remscheid und Wuppertal nicht spinnefeind waren, eine Zeit, in der die eine Stadt der anderen nicht das Schwarze unter dem Nagel neidete. Es gab eine Phase, in der im Städtedreieck miteinander geredet, nicht gegeneinander geklagt worden ist. Und 2006 war der Höhepunkt der Blütezeit im Bergischen. Die sogenannte Regionale führte zusammen, was grundsätzlich sowieso zusammengehört, bei allen Unterschieden, Eigenheiten und Eitelkeiten.
Die Vorgeschichte ist lang, fast eine Dekade hat es gedauert, bis die Menschen im Städtedreieck sehen konnten, über was Verwalter, Stadtplaner und Politiker in vielen Stunden geredet hatten. Und noch heute ist unübersehbar, dass gemeinsames, zentrales Nachdenken dezentral Früchte tragen kann. Dass die Wupper in der Stadt an immer mehr Stellen erlebbar ist, dass die Stadt sich ihrem Fluss zuwendet, dass der Döppersberg aussieht, wie er aussieht, dass in Barmen um den Engelsgarten eine bemerkenswerte Kulturlandschaft entstand, dass die Bergische Universität heute mehr denn je der intellektuelle Kleber ist, der Wuppertal, Remscheid und Solingen verbindet, dass Solingen ein spannendes Plagiate-Museum beherbergt und Remscheid das Gebiet um seinen Hauptbahnhof aufpoliert hat – all das geht auf diese Regionale zurück. Sie sollte mit Hilfe des Landes einer Region dauerhaft helfen, die sich seit Jahrzehnten in einem Strukturwandel befindet. Einen echten Befreiungsschlag brachte die Regionale freilich nicht. Das Bergische Land ist immer noch nicht auf Rosen gebettet, jedes Husten der deutschen Wirtschaft führt in der Region zu einer schweren Grippe. Die E-Mobilität hat für die Automobilzulieferer im Bergischen Land sogar das Zeug zur Lungenentzündung.
Nichtsdestotrotz hat die vom Land verordnete Strukturentwicklung die erwähnten Segnungen mit sich gebracht. Die Städte profitieren davon. Das gilt in besonderer Weise für Wuppertal und vor allem für den Zoo. Das Großkatzengehege geht auf die Regionale zurück, die Sambatrasse ebenso. Dass Nutzer dieses Rad- und Fußweges gleichsam über die Anlage der Tiger radeln können, ist eine Attraktion, die ihren Reiz anscheinend nie verliert. Das Schild am Brückengeländer mit dem Hinweis „Essen auf Rädern“ gehört garantiert zu den meistfotografierten in der Region. Der Zoo war schön, und nicht zuletzt durch die Regionale ist er noch schöner geworden.
Dazu hat allerdings auch die „Pinguinale“ beigetragen, die das Jahr 2006 ebenfalls prägte. Sie geht auf eine Idee des Zoo-Vereins zurück, der die Anlage und ihren Betrieb seit Jahr und Tag leidenschaftlich unterstützt. Die Idee war, überdimensionale Pinguinfiguren zu vermarkten. Firmen, Vereine, Gruppen sollten sie für je 1400 Euro erstehen und gestalten. Das Geld sollte der Modernisierung der Pinguinanlage dienen. Und der Erfolg war überwältigend. Fast zweihundert PVC-Vögel wurden verkauft und teils überaus fantasievoll bemalt. Höhepunkt war im Oktober das Treffen aller Pinguine im Zoo. Das bunte Bild geht allen Beteiligten und den vielen Tausend Besuchern bis heute nicht aus dem Kopf. Und wer nicht dabei gewesen ist, der wird da und dort im Stadtgebiet von einem bemalten Pinguin daran erinnert, dass dieses Tier erstens das Symbol des Grünen Zoos Wuppertals ist und dazu beigetragen hat, dass Wuppertal heute eine einzigartige Pinguin-Anlage besitzt. Der Acryl-Tunnel unter dem Becken der Königspinguine ist auch zehn Jahre nach seiner Eröffnung immer noch ein Höhepunkt eines jeden Zoo-Besuches. Die Ahs und Ohs, die Blitzlichtgewitter aus zahllosen Mobiltelefonen, die Fotos vor der Sponsorentafel zeigen, dass sowohl die Investitionsentscheidung als auch deren Realisierung ein Volltreffer sind.
2006 – das Jahr, in dem Wuppertal voller „Ale“ war, wirkt nachhaltig, zumindest im Zoo, an der Wupper, in der Optik des Döppersbergs. Die Städte im Bergischen Städtedreieck hat es nicht zueinander geführt. Allenfalls zwei passen heute unter einen Hut. Für die Fortentwicklung des Bergischen Landes ist das wahrscheinlich aber nicht genug.