Hass in Sozialen Medien Pöbeleien auf Facebook: Grünen-Ratsherr erstattet Anzeige

Wuppertal · Interview Marc Schulz von den Wuppertaler Grünen setzt mit einer Anzeige ein Zeichen gegen Beleidigungen im Netz - und erntet großen Zuspruch.

Persönliche Angriffe werden in Sozialen Netzwerken oft noch als Kavaliersdelikt gesehen. 

Foto: Armin Weigel

Grünen-Fraktionschef Marc Schulz ist bei Facebook persönlich beleidigt worden und hat den Schreiber angezeigt. Im Netz bekam er dafür großen Zuspruch. Mit der WZ sprach er jetzt über Hetze im Netz.

Herr Schulz, wie oft werden Sie im Internet beleidigt?

Marc Schulz: Ich selbst Gott sei dank eher selten. Aber im Wahlkampf ist es schon krass, was man da für seine Partei für Müll abbekommt. Da kommen dann die persönlichen Beleidigungen. Die sind zwar nicht immer gegen einen selbst, aber dann gegen die Spitzenpolitiker gerichtet. Was da kommt, ist wirklich unglaublich.

Jetzt haben Sie einen Facebook-Schreiber angezeigt. Was hat das Fass zum überlaufen gebracht?

Schulz: Es war eine klassische Diskussion zum Thema Seenotrettung bei Facebook und ein User hat mich direkt angesprochen. In dem Kommentar steckte keinerlei inhaltliches Argument. Der Schreiber versuchte viel mehr, meine inhaltliche Meinung dadurch anzugreifen, dass er meine Person herabsetzt. Ich finde, das hat in einer demokratischen Diskussion nichts verloren. Dafür sollten wir alle kämpfen, sonst wird der politische Diskurs vergiftet.

In den meisten Fällen werden solche persönlichen Angriffe einfach ignoriert. Warum war es Ihnen wichtig, ein Zeichen zu setzen?

Schulz: Weil ich glaube, dass diese Person vor dem Computer sitzt und nicht vor Augen hat, dass es um einen real existierenden Menschen geht, der hier angegriffen wird. Der Kommentar hat mich zwar nicht in meinen Grundfesten erschüttert, aber ich möchte, dass diese Leute merken, dass eine Beleidigung bei Facebook die gleiche Qualität hat wie eine Beleidigung im echten Leben. Ich lasse mir das nicht mehr gefallen und werde in Zukunft Beleidigungen konsequent anzeigen.

Ist das nicht sehr aufwendig?

Schulz: Ich war selbst überrascht, wie schnell das geht. In zehn Minuten hatte ich bei der Polizei eine Online-Anzeige aufgegeben. Danach bekommt man einen Brief und kann sich dann noch einmal schriftlich zu dem Vorfall äußern. Das dauert vielleicht noch einmal 15 Minuten. Das war’s dann erstmal.

Warum ist die Hemmschwelle im Netz für Beleidigungen so gering?

Schulz: Im persönlichen Umgang ist das einfach immer eine andere Geschichte, weil ich da immer damit rechnen muss, dass das Gegenüber sich wehrt. Und weil man da ja auch weiß, dass man für Beleidigungen belangt wird. Bei Facebook klammern die Leute das aus.

Was sind das für Menschen, die Sie und Ihre Ratskollegen im Netz angreifen?

Schulz: Das sind Menschen, die sich von den populistischen und rechten Strömungen anstecken lassen, die man mittlerweile ja auch im Wuppertaler Rat erlebt. Es geht dabei gar nicht mehr um eine inhaltliche Diskussion, sondern nur noch darum, bewusst den Diskurs zu zerstören und durch Tabubrüche Aufmerksamkeit zu erlangen.

Aber Menschen, die nur in Parolen denken, hat es doch schon immer gegeben, oder?

Schulz: Ja, aber jetzt haben sie ein anderes Forum. Früher haben sie sich in der Eckkneipe getroffen und dort sind die Worte dann verhallt. Heute muss man nicht einmal mehr das Haus verlassen, um ein viel größeres Publikum zu erreichen.

Haben Sie sich selbst schon einmal dabei ertappt, dass Sie im Netz anders diskutieren als persönlich?

Schulz: Vielleicht ist es im Internet eher so, dass man unbedingt Recht behalten möchte und deswegen die Dinge, die andere schreiben, gar nicht mehr so abwägt. Manchmal lese ich vielleicht gar nicht mehr alles, was vorher geschrieben wurde. Ich sehe dann nur noch die Schlagworte und reagiere darauf.

Sind die Sozialen Netzwerke aus Ihrer Sicht Fluch oder Segen?

Schulz: Ich finde es ist überwiegend ein Segen. Sie helfen mir als Lokalpolitiker sehr, weil ich mit vielen Leuten sehr schnell in Kontakt komme.

Informieren Sie sich auch über Soziale Netzwerke?

Schulz: Man muss wissen, wem man trauen kann. Und man sollte sich vielseitig informieren. Ich beziehe daher zum Abgleich auch zwei Tageszeitungen. Die große Gefahr bei den Sozialen Netzwerken ist ja: Es steht nicht mehr im Vordergrund, wie gut etwas recherchiert wurde, sondern es zählt nur, wie schnell die Nachricht sich letztlich verbreitet.