Polizei Polizei plant ein historisches Zentrum

Wuppertal · Bildungseinrichtung entsteht im Polizeipräsidium. Zum Auftakt kam Innenminister Reul.

NRW-Innenminister Herbert Reul war zur Vorstellung des Projekts „polizeihistorisches Zentrum“ in Wuppertal.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Wie notwendig die Einrichtung eines polizeihistorischen Zentrums im Bergischen Städtedreieck ist, machte am Sonntag der Ort deutlich, an dem sich Verantwortliche und Träger des Projekts versammelten: Vor dem Wandbild des Historienmalers Hans Kohlschein begrüßte Polizeipräsident Markus Röhrl die Besucher und machte so deutlich, worum es bei dem geplanten historischen Zentrum geht. Das Bild entstand um 1939 und trägt den Titel „Die neue Zeit“: Es zeigt drei Reiter von Polizei, SS und Wehrmacht, die mit ihren Standartden – mitsamt mittlerweile weggekratzter SS-Runen und Hakenkreuz – als Sinnbild für das „tausendjährige Reich der Nationalsozialisten“ stehen.

Einrichtung will an Geschichte
der letzten 100 Jahre erinnern

Das Polizeipräsidium Wuppertal an der Friedrich-Engels-Allee repräsentiere mit seinen „einzigartigen Artefakten“ die wechselvolle Geschichte der Polizei in den letzten knapp 100 Jahren, sagte Polizeipräsident Markus Röhrl. Die Polizei sei stets die „Ordnungsmacht im Staat“ gewesen und habe sich dabei immer wieder der jeweiligen Herrschaftsform – ob Weimarer Demokratie, NS-Herrschaft oder Nachkriegszeit – anpassen müssen. Daran zu erinnern sei ein wichtiger Aspekt des geplanten Bildungs- und Erinnerungsortes, der im Polizeipräsidium entstehen soll.

Das künftige Rheinisch-Bergische Zentrum für Polizeigeschichte soll vor allem jungen Polizistinnen und Polizisten offen stehen, aber auch von der Bevölkerung – zum Beispiel Schulklassen – besucht werden können. Unterstützt wird es von der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung sowie dem Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei NRW.

Begleitet wird das Projekt von einem neunköpfigen Beirat, dem unter anderem die beiden ehemaligen NRW-Landesministerinnen Sylvia Löhrmann (Grüne) und Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) angehören. In dem Gremium sitzt auch Lokalhistoriker Michael Okroy. Geschäftsführer des Beirates wird Klaus Theisen von der Pressestelle des Polizeipräsidiums. Offiziell eröffnet werden soll das polizeihistorische Zentrum am 1. November 2020.

Die Einrichtung soll eine eigene Räumlichkeit im Polizeipräsidium erhalten, zu der auch ein Dokumentationszentrum, eine Bibliothek und ein Seminarraum gehören sollen. In Ausstellungen, Führungen und Seminaren soll es das Präsidium und weitere Erinnerungsorte präsentieren und der internen wie externen Erinnerungsarbeit dienen.

Die aktuelle Landesregierung unterstützt das Vorhaben, so kam am Sonntag auch Innenminister Herbert Reul (CDU). Sich so intensiv mit der eigenen Geschichte zu beschäftigen sei für die Polizei sicherlich ein „ungewöhnliches Thema“, räumte der oberste Dienstherr ein. Die Polizei im Bergischen Städtedreieck leiste mit ihrem historischen Zentrum einen beispielgebenden Beitrag dazu, sich „permanent“ zu erinnern und zu mahnen, dass die Polizei manchmal leider eben auch auf der „schlechten Seite“ stehen könne.

Das 1939 in Betrieb genommene Polizeipräsidium ist dafür ein Beleg, planten die NS-Behörden bis April 1945 doch von dort aus die Verfolgung von Juden, politisch missliebigen Personen und weiteren Minderheiten. Zudem finden sich in dem Gebäude zahlreiche künstlerische und architektonische Querverweise und Relikte aus der NS-Zeit.

Das Polizeipräsidium sei ein einzigartiges historisches Gebäude, stehe es doch für die „widersprüchlichen und problematischen Hinterlassenschaften“ der NS-Zeit, so Okroy. Dass das Gebäude nach dem Zweiten Weltkrieg als Sitz der britischen Besatzungstruppen und vorübergehend auch als neues Rathaus diente, passt zur wechselvollen Geschichte des Objekts. Und schließlich fand im Saal 300 des Polizeipräsidiums Ende der 1960er Jahre auch der Bialystok-Prozess statt, bei dem sich ehemalige oder noch aktive Polizisten wegen der Ermordung von über 1000 Juden im polnischen Bialystok verantworten mussten.