Prozess gegen Neonazis: Kritik am Polizeieinsatz
Prügelangriff beim Vohwinkeler Flohmarkt 2011: Die Beweisaufnahme macht drei weitere Verhandlungstage notwendig.
Wuppertal. Im Prozess gegen vier Neonazis — die vier Männer sollen während des Vohwinkeler Flohmarkts 2011 mehrere Personen des linken Spektrums zum Teil schwer verletzt haben — hat am Mittwoch ein Zeuge das Verhalten der Polizei kurz nach der Alarmierung kritisiert. Der Mann war zur Tatzeit — laut Anklage 3.20 Uhr — gerade dabei, seinen Verkaufsstand aufzubauen, als er antifaschistische Parolen gehört habe. Wenig später habe es dann eine körperliche Auseinandersetzung — offenbar mit Neonazis — gegeben. Deswegen habe er umgehend die Polizei alarmiert.
Wenig später sei ein Streifenwagen erschienen, allerdings habe der an einer Absperrung gehalten. Außerdem seien die Beamten nicht ausgestiegen. Bei der Vernehmung mehrere Wochen nach dem Vorfall durch einen Kripobeamten habe er das ausgesagt und sein Unverständnis darüber formuliert, sagte der Zeuge. Daraufhin habe der Kripomann damals sinngemäß gesagt, dass man diese Passage wohl besser nicht ins Protokoll aufnehmen sollte.
Ungeklärt ist bislang, ob es einen Einsatzbefehl gab, dass die Streifenbesatzung erst auf Verstärkung warten sollte. Eine andere Zeugin — sie war als frühe Schnäppchenjägerin unterwegs — bestätigte am Mittwoch jedenfalls, dass in jener Septembernacht auf der Kaiserstraße mit Knüppeln bewaffnete Männer unterwegs waren. Einen der Angeklagten — ein 21 Jahre alter einschlägig vorbestrafter Neonazi aus Hamm — erkannte sie im Gerichtssaal wieder. Er habe auf einem Mauervorsprung gestanden und sei ihr als eine Art Dirigent der bewaffneten Männer aufgefallen.
Die Zeugin erinnerte sich: „Weil der so klein und schmächtig war, habe ich gedacht: ,so ein Würstchen. Der braucht auch einen Stock’.“ Außerdem habe sie gesehen, wie ein Mann einem anderen mit einem Knüppel auf den Kopf geschlagen habe: „Das war ein schreckliches Geräusch.“ Wer zu welchem Lager gehörte, konnte sie nicht sagen. Als sie dann am Vormittag nach der Prügelei zur Vernehmung bei der Polizei erschienen sei, habe man ihr dort keine Fotos von möglichen Verdächtigen vorlegen können. Mehrere Zeugen haben bestätigt, dass an jenem Flohmarkt-Wochenende zahlreiche offensichtlich von der linken Szene produzierte Flugblätter samt Neonazi-Fotos verteilt worden seien. Die Zeugin sagte, dass sie deshalb eigentlich damit gerechnet habe, noch einmal von der Polizei kontaktiert zu werden. Stattdessen sei die für sie „etwas überraschende Ladung“ zum gestrigen Verhandlungstag gekommen — mehr als ein Jahr nach dem Vorfall.
Fakt ist: Der Prozess ist noch lange nicht zu Ende. Ursprünglich waren zwei Verhandlungstage geplant. Am Mittwoch wurden drei weitere Termine anberaumt. Anfang Februar sollen unter anderem die Vernehmungsbeamten gehört werden.