Wuppertal Prozess um erwürgten Häftling in JVA Ronsdorf beginnt

Dienstag beginnt der Prozess gegen den 18-Jährigen, der einen Mithäftling erwürgt haben soll.

Am Landgericht beginnt am Dienstag ein Prozess um die Tötung eines Häftlings in der JVA Ronsdorf. Archiv

Foto: Uwe Schinkel

Wuppertal. Sie wollten nur Karten spielen. Und gerieten dabei so sehr in Streit, dass am Ende einer von beiden tot war. Das passierte in einer Gefängniszelle in der Jugendhaftanstalt in Ronsdorf. Am Dienstag beginnt vor dem Landgericht der Totschlags-Prozess gegen den 18-Jährigen, der seinen zwei Jahre älteren Mitgefangenen erwürgt haben soll.

Der Angeklagte hatte am frühen Abend des 4. Mai JVA-Bedienstete in seine Zelle gerufen, es sei etwas Schlimmes passiert. Der Anstaltsarzt versuchte noch, den 20-Jährigen zu reanimieren, was ihm aber nicht mehr gelang.

Die beiden Häftlinge hatten sich im so genannten Umschluss befunden: Sie waren gemeinsam in der Zelle des 18-Jährigen eingeschlossen, hatten dort Karten gespielt. Über Spielschulen in Höhe von 40 Euro sollen sie in Streit geraten sein.

Ein Umschluss ist ein ganz vielfach praktiziertes Verfahren in Haftanstalten. Die Häftlinge sind tagsüber mit Arbeit, Schule oder therapeutischen Maßnahmen beschäftigt. Die Zeit zwischen 17 und 20 Uhr gilt als Freizeit. Die können sie unter anderem nutzen, um sich gegenseitig in ihren Zellen zu besuchen — Umschluss genannt. Ab 20 Uhr wird jeder in seine Zelle eingeschlossen.

Umschluss sei wesentlicher Bestandteil der Resozialisierung, betont Karin Lammel, die im September — vier Monate nach dem Vorfall — die Leitung der JVA übernahm. „Das soziale Miteinander soll gefördert werden.“ Jeden Tag nähmen etwa die Hälfte der Gefangenen an einem Umschluss teil, berichtet sie.

Jeden Umschluss müssen die Bediensteten genehmigen, je nach bisheriger Beurteilung der beteiligten Gefangenen wird ein solcher Antrag auch durch die Abteilungsleitung besonders geprüft - und der Besuch auch verwehrt, „wenn es Hinweise auf Gewalt oder Radikalisierung gibt“.

Die damals amtierende Anstaltsleiterin Karin Grafweg hatte versichert, dass beide jungen Männer und auch ihr Umgang miteinander überprüft worden seien: „Für uns gab es keinerlei Veranlassung zu glauben, dass es zu Gewalttätigkeiten kommen könnte.“

Der 20-Jährige hatte zwei Monate wegen Diebstahls mit Waffen in Untersuchungshaft gesessen. Der Angeklagte verbüßte seit zwei Monaten eine dreijährige Jugendstrafe wegen Raubes, Einbruchdiebstahls und Brandstiftung. Er wurde noch in der Nacht in eine andere Anstalt verlegt.

Der Vorfall hatte die Haftanstalt erneut in die Schlagzeilen gebracht. Seit ihrer Eröffnung 2011 als Vorzeige-Anstalt haben sich vier Gefangene selbst getötet, eine Mitarbeiterin erschoss sich in der JVA. Im August wurde bekannt, dass seit Mai 1000 Schuss Munition verschwunden sind. Der erste Anstaltsleiter nahm 2015 seinen Hut, Katja Grafweg, Leiterin der JVA Remscheid, übernahm die kommissarische Leitung, bis im September 2016 Karin Lammel folgte.

Für den Prozess sind insgesamt sechs Verhandlungstage vorgesehen. Ein Urteil ist für den 11. Januar geplant.