Radevormwald: Eine Stadt ist traumatisiert
Der Tod von fünf Menschen an der Wupper nimmt die Menschen sehr stark mit.
Radevormwald. "Ja, das erinnert mich an 1971", sagt Armin Maurer entsetzt mit Blick auf die Notarztwagen, die am Dienstag ans Wupperufer nach Radevormwald eilen. Er sieht auf dem Gelände eines Einkaufszentrums mehrere Verletzte, die auf Tragen versorgt werden.
Er beobachtet Rettungshubschrauber und unzählige Sanitäter, die sich um die Opfer des Busunfalls am Dienstag kümmern. So wie 1971, als sich nur rund vier Kilometer entfernt das Zugunglück in Dahlerau ereignete.
Damals starben 41 Hauptschüler auf dem Heimweg von einer Klassenfahrt. Der pensionierte Lehrer, der damals an der Hauptschule unterrichtete, war am Dienstag einer der ersten am Unglücksort. Dort starben fünf Menschen.
So wie er fühlen sich viele Radevormwalder an die Katastrophe von vor 38 Jahren erinnert. Auch Anwohner Wolfgang Eck. "Ich war gerade im Garten, als ich einen lauten Knall hörte", schildert er die Ereignisse vom Vormittag.
"Zuerst dachte ich, es hätte auf der Baustellenumleitung am Wupperufer einen Unfall gegeben, aber da war nichts." Mit dem Fahrrad ist er dann zur Unglücksstelle gefahren. "Einige Mädchen hatten sich schon selbstständig aus dem Bus befreit und wurden von Ersthelfern im Buswartehäuschen versorgt."
Danach geht es Schlag auf Schlag. Ein Rettungswagen folgt dem nächsten zur Unglücksstelle, Hubschrauber und Rettungsboote folgen. "Ich kam gerade aus der Innenstadt. Die Polizei wollte mich zuerst gar nicht durchlassen", erzählt Horst Voß, der nur wenige Meter vom Unfallort entfernt wohnt.
An der Unglücksstelle treffen immer mehr Helfer ein. 120 sind es am Ende. Auch Bürgermeister Josef Korsten ist sofort zum Unglücksort geeilt. Er sieht geschockt aus. Und müde. "Ich hatte die Sirenen in meinem Büro gehört und wurde wenige Minuten später über das Geschehen informiert." Danach sei er sofort losgefahren. "Wenn man so etwas vor Ort mitverfolgt, dann steckt dieser Eindruck tief in den Knochen."
Zu den Notfallseelsorgern, die nach Dahlerau kommen, gehören auch die beiden Pfarrerinnen Manuela Melzer und Maria Kluge. "Wir sind nicht nur für die Helfer hier, sondern auch für Nachfragen von Angehörigen," so Kluge. Diese schwere Pflicht blieb ihr jedoch an der Unglücksstelle erspart. "Eine Frau suchte ihre zwei kleinen Nichten - wir konnten Entwarnung geben."
500 Meter entfernt, im Haus der Arbeiterwohlfahrt, sitzt Wolfgang Peters vom Radevormwalder Ordnungsamt. Das Haus wurde als Anlaufstelle für Angehörige eingerichtet. Vor Peters liegt die Liste mit den Namen der Verletzten. "Anrufe gab es bisher nicht", sagt er am späten Nachmittag.
Aber ein Wuppertaler, der bei dem Unglück leicht verletzt wurde, sei nach der Behandlung im Krankenhaus noch einmal vorbeigekommen. "Er hat sich mit den Seelsorgern unterhalten, ein Freund hat ihn dann nach Hause gefahren."