Säugling totgeschüttelt: Viereinhalb Jahre Haft für den Vater

Wuppertal. Das Landgericht hat einen 29 Jahre alten dreifachen Familienvater wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Haftstrafe von viereinhalb Jahren verurteilt. Laut Urteil hat der gebürtige Berliner in der Nacht zu Ostern 2011 seinen sechs Wochen alten Sohn zu Tode geschüttelt.

Angesichts des schreienden Babys, Schlafmangels und akuter Zahnschmerzen habe der Vater die Nerven verloren und versucht, das Kind durch Schütteln zum Schweigen zu bringen. Laut Urteil habe der Mann grundsätzlich gewusst, was er damit bei einem Säugling anrichten kann. Es gebe aber keine Hinweise darauf, dass der Vater sein Kind töten wollte (siehe Kasten).

Mit dem Strafmaß blieb das Gericht sechs Monate unter der Forderung der Staatsanwaltschaft. Verteidiger Ingo Losch geht dagegen von einem minder schweren Unglücksfall aus und plädierte entsprechend für eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Das Landgericht sieht es anders, verweist auf das wiederholte Schütteln des „völlig wehrlosen“ Babys.

Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht. Noch ist der 29-Jährige — er blieb bislang von der U-Haft verschont — auf freiem Fuß. Gestern war seine Frau im Gerichtssaal. In den Pausen umarmte sich das Paar, tauschte Zärtlichkeiten aus, demonstrierte Zusammenhalt. Wie berichtet, haben die beiden nach der Tat geheiratet und mittlerweile eine Tochter bekommen. Schon seit 2002 hat das Paar einen ersten gemeinsamen Sohn. Der zweite Sohn war ein Wunschkind. Zerrüttete Verhältnisse, Arbeitslosigkeit, Alkohol- oder Drogenprobleme gab es offensichtlich nicht. Beide Elternteile hatten Arbeit — sie in einem Wuppertaler Krankenhaus, er war als Busfahrer in Remscheid beschäftigt. Eine unauffällige und normale Familie.

War die Nacht zu Ostern ein tragischer einmaliger Ausreißer? Der Blick des Gerichts richtet sich in die Zukunft. Es ließ gestern klar erkennen, dass es sich um das Wohl des erst wenige Wochen alten Mädchens sorgt. Das Gericht und der psychiatrische Gutachter appellierten noch vor den Plädoyers an den Angeklagten, seine Psychotherapie weiterzuführen. Kontrollen und Begleitung durch das Jugendamt reichten nicht aus, hieß es unter anderem.

Das Paar verfährt derzeit nach dem Motto, dass der Vater nie mit der erst wenige Wochen alten Tochter allein gelassen wird. Entweder ist die leibliche Mutter anwesend oder die direkt nebenan wohnende Schwiegermutter. An diese Bevormundung durch das Amt habe er sich gewöhnt, sagte der 29-Jährige gestern.

Mit dem Strafmaß hatte zumindest seine Ehefrau nicht gerechnet. Nach der Urteilsverkündung schüttelte sie immer wieder den Kopf und weinte.

[aktualisiert am 24. Mai, 10.35 Uhr]