Missbrauch von Sozialleistungen Schaden im sechsstelligen Bereich: Betrug mit Kindergeld in Wuppertal aufgeflogen

Wuppertal · Der Anspruch von 100 Kindern aus Großfamilien wird geprüft. Die Ermittlungen richten sich gegen Tätergruppierungen aus Südosteuropa und den Balkanstaaten.

Einige Familien sollen die Stadt Wuppertal und das Jobcenter betrogen haben.

Foto: dpa/Jens Kalaene

In Wuppertal wird im Rahmen eines Modellprojekts der Kindergeldanspruch in Bezug auf rund 100 Kinder geprüft. Die Stadt geht in einer Mitteilung davon aus, dass durch den Missbrauch von Sozialleistungen ein Schaden im sechsstelligen Bereich entstanden sein könnte. 171 Objekte wurden durch die Polizei zwischen dem 23. Mai und dem 10. Juni 2022 aufgesucht.

Das Modellprojekt „Missimo“ wurde von der Task Force NRW mit Sitz im Landeskriminalamt entwickelt. Im Mittelpunkt steht eine behördenübergreifende Zusammenarbeit zwischen der Familienkasse NRW West, der Task Force NRW, verschiedenen kommunalen Behörden wie dem Einwohnermeldeamt, dem Gesundheitsamt sowie den Schulen, dem Jobcenter und der Polizei.

Nach dem ersten Durchlauf des Modellprojektes in Krefeld kündigte Innenminister Reul im Dezember 2019 an: „Die Zeiten, in denen skrupellose Kriminelle die Naivität und Gutgläubigkeit des deutschen Sozialstaates ausnutzen konnten, sind endgültig vorbei.“

Nach Gelsenkirchen im Februar 2020 hat die Stadt Wuppertal dieses Modellprojekt nun als dritte Kommune umgesetzt.

„Die Ergebnisse machen mehr als deutlich, wie wichtig und unerlässlich solche gemeinsamen Initiativen sind“, erläutert Stadtdirektor Dr. Johannes Slawig. „Ich danke der Polizei und der Familienkasse für die gute, vertrauensvolle Zusammenarbeit. Die Stadt Wuppertal wird das Projekt auch in Zukunft engagiert mittragen.“

Die Maßnahmen richteten sich gegen Tätergruppierungen, die vorrangig kinderreiche Familien, hauptsächlich aus Südosteuropa und den Balkanstaaten, mit falschen Versprechen nach Deutschland lotsen, für sie Sozialleistungen (vor allem Kindergeld) beantragen und sie in mitunter menschenunwürdigen Unterkünften wohnen lassen. Die Familien leben häufig in unzumutbaren Verhältnissen, die sie nicht selbst zu verantworten haben. In vielen Fällen werden die Familienmitglieder zu weiteren Straftaten animiert, wie zum Beispiel die Aufnahme von illegalen Beschäftigungen. Reisen die Familien in ihre Heimat zurück, so fließen die Sozialleistungen, insbesondere Kindergeld, teilweise bis zum 18. Lebensjahr – rechtswidrig – weiter. Oft besteht zudem der Verdacht, dass die Sozialleistungen nicht tatsächlich bei den bedürftigen Familien ankommen, sondern von den Hintermännern einbehalten werden.

Keineswegs geht es im Projekt darum, Menschen ihre rechtmäßigen Leistungen vorzuenthalten. Das Projekt soll vielmehr Kriminalität aufdecken, welche die Armut und Nöte von Menschen ausnutzt. Durch den präventiven und öffentlichkeitswirksamen Ansatz sollen gleichzeitig derartige Straftaten in der Zukunft verhindert werden.

Der Mehrwert für die Stadt und die Gesellschaft nach dem Projekt ist groß. Neben der Verhinderung von weiteren finanziellen Schäden bei teils bereits langfristig ausgereisten Familien oder Schwarzarbeit, Verstößen gegen das Melderecht und teils erheblichen baulichen Problemen in Schrottimmobilien, wurden im Rahmen der Durchführung von Missimo-Probleme im sozialen oder integrativen Bereich festgestellt. Auch die müssen nun angegangen werden.

Die Ergebnisse zeigen, dass auch in Wuppertal das Projekt erfolgreich verlaufen ist. Die hierdurch verbesserte Zusammenarbeit der einzelnen Behörden unter Beachtung der datenschutzrechtlichen Vorschriften wird zukünftig intensiviert. Die Verstetigung der Prüfungen ist geplant.