#Schnappschuss „Mach doch mal Pause“ – die Invasion des Arbeits- in das Privatleben

Das Schauspiel gastierte am Donnerstagabend mit seiner Reihe „Schnappschuss“ im U-Club.

Silvia Munzón López, Miko Greza und Alexander Peiler (v.l.) beim „Schnappschuss“ im U-Club.

Foto: Fischer, Andreas H503840

„Bald geht die Welt unter – Und was machst du so? Ich mache weiter!“ Anne weiß genau, was sie will: Den alten Job, die alten Hierarchien loswerden, ihre eigene Chefin sein. Während sie eine Agentur gründet, steckt ihr Mann Holger nach dem Scheitern seines Catering-Dienstes – Dabei waren es doch nur zwei Tote! – in der Arbeitslosigkeit fest und seinem besten Freund Peter fehlt die Inspiration für den Abschluss seiner Skulpturenreihe, obwohl ihm bereits die Kuratorin im Nacken sitzt. Das Eindringen verschiedener Arbeitsethiken in den privaten Alltag der modernen Leistungsgesellschaft bildet die Grundlage für Felicia Zellers Realsatire „X-Freunde“, die am Donnerstagabend Einzug in einen ungewöhnlichen Aufführungsort erhielt: Bevor die Türen des U-Clubs auf der Friedrich-Ebert-Straße für den wöchentlichen „Superclub“ geöffnet wurden, wohnten rund 60 Zuschauer dort dem 14. „Schnappschuss“ des Schauspielensembles der Wuppertaler Bühnen bei.

Elektronische Musik pumpt durch den dichten Nebel, der nur vom Lichtkegel der mittig im Raum baumelnden Lampe gebrochen wird. Undeutlich auszumachen sind ein Tisch, drei Stühle, drei Schreibmaschinen. Unter energischem Tippen und Schrauben rezitieren Silvia Munzón López, Alexander Peiler und Miko Greza in der plötzlichen Stille einen Text, der sich auf nicht enden wollenden Papierbahnen über den Tisch in Richtung Boden ergießt. Während sich der Nebel allmählich lichtet, kommen Anne, Holger und Peter in einer Collage unvollständig bleibender Sätze ins Gespräch – oder besser gesagt: monologisieren jeder für sich – über ihre Beziehungen, gegenwärtige und zukünftige Vorstellungen ihrer Arbeit und über notorisch unzufriedene Vorgesetzte. „Gerümpfte Nase – Das könnte eine dänische Spezialität sein“, sinniert Miko Greza als Peter Pilz. „Mit Béchamelsauce!“ Alexander Peiler alias Holger Holz, der wiederholt an der Technik seiner Schreibmaschine verzweifelt, öffnet mit dem Flaschenhals des ersten sein zweites Bier, während er seiner Partnerin Anne ihre Arbeitsversessenheit vorwirft: „Mach doch mal Pause!“ Selbst im gemeinsamen Urlaub ertappt er sie bei heimlichen Business-Telefonaten. „Ich bin doch kein Schokoriegel“, protestiert Anne. „Die Arbeit eines Künstlers ist nie getan“, seufzt auch Bildhauer Pilz theatralisch.

In typischer „Schnappschuss“-Manier trat der wortgewaltige Text Felicia Zellers in einen Dialog mit der Location und entfaltete im schummrigen Licht und der kühlen Atmosphäre der nackten Steinwände des Clubs eine beengende Intensität. Ein wiederkehrendes Aufbrechen der Aufführungssituation und des scheinbar privaten Raums der Figuren sorgte jedoch auch für komische Momente. Mit begeistertem Applaus belohnt wurden nach über einer Stunde nicht nur die drei Darsteller, sondern auch Gesa Linnéa Hocke, die diese letzte Ausgabe des spielerisch-öffentlichen Theaterformats in der aktuellen Spielzeit in Szene gesetzt hatte.