Stadtentwicklung Schrottimmobilien: Stadt verzichtet auf 3,5 Millionen Euro Fördergeld

Wuppertal · Eine gute Nachricht gibt es aber: Die Zahl der Problembauten ist deutlich unter 100 gesunken.

An der Gildenstraße ist die Ruine der Brasilia-Bar verschwunden.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Im Kampf gegen Schrottimmobilien muss die Stadt auf rund 3,5 Millionen Euro verzichten. Das Geld stammt aus dem NRW-Sonderprogramm der Städtebauförderung „Problemimmobilien im Kontext der Zuwanderung aus Südost-Europa“ - die Stadt konnte es allerdings nicht in Anspruch nehmen. Eine gute Nachricht gibt es trotzdem: Die Zahl der Problem- und Schrottimmobilien in Wuppertal ist - Stand September 2020 - auf 76 gesunken, nachdem sie jahrelang bei um die 100 lag.

Ob Baumeisterstraße, Nützenberger Straße oder Wittener Straße - Problemfälle unter den Bauten gab und gibt es stadtweit. Mit ein Grund, warum sich Wuppertal 2017 für das Sonderprogramm bewarb. Antragsberechtigt waren Städte, „die in besonderem Maße von der Zuwanderung aus Südost-Europa betroffen sind“, wie es in der Ausschreibung hieß. Ein Problem, das Wuppertal damals und heute nicht in dem Maße wie andere habe, betont etwa Sozialdezernent Stefan Kühn.

Damit es aber gar nicht soweit kommt, hoffte man auf das Förderprogramm. Ziel des Landes war es, „den Kommunen den Ankauf und Abriss von Schrott- und Problemimmobilien zu ermöglichen, in denen überwiegend Südost-Europäer unter nicht zumutbaren Wohnbedingungen von dubiosen Vermietern untergebracht werden“. Die Situation ganzer Straßenzüge in Duisburg oder Dortmund machte bundesweit Schlagzeilen.

Wuppertal erfüllte nicht unbedingt die Voraussetzungen

Wuppertal erhielt den Zuschlag, begrenzt wurde die Förderung allerdings zeitlich bis Ende 2021 und räumlich vor allem auf die Bereiche Oberbarmen, Wichlinghausen und Heckinghausen. 15 Problemfälle machte die Stadt dort aus. Die Versuche, die Immobilien zu erwerben, scheiterten aber. Die Eigentümer hätten sich nicht verkaufsbereit gezeigt, so Rüdiger Bleck, Ressortleiter für Städtebau und Stadtentwicklung. Einen Teilerfolg kann er trotzdem vermelden: Sieben der 15 Häuser sind mittlerweile saniert oder werden gerade auf Vordermann gebracht. Auch weil die Stadt dann zumindest in dieser Hinsicht auf die (neuen) Eigentümer einwirken konnte.

Der Förderbescheid des Landes belief sich auf insgesamt 4,37 Millionen Euro. 800 000 Euro wird die Stadt für 2021 noch einbehalten, den Rest zurückgeben - wenn am kommenden Dienstag der Stadtentwicklungsausschuss zustimmt.

Dass die Stadt auch ohne den Einsatz der Mittel bei gut der Hälfte der Bauten zu einem Erfolg kam, „also den notwendigen Druck aufbauen konnte, ist schon mal eine erfreuliche Nachricht“, sagt Servet Köksal, Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses. Das Programm sei nun mal an sehr konkrete Voraussetzungen gebunden.

Statt großer verkommener Wohnblöcke gibt es Einzelfälle

„Große verkommene Wohnblöcke“ gebe es zum Beispiel in Oberbarmen nicht, sagt Bernd Schäckermann, Geschäftsführer des CVJM und ehemaliger Vorsitzender des Bürgerforums. Einzelfälle aber schon - was auch die Stadt bestätigt. Die rechtliche Handhabe sei allerdings begrenzt. „Es gibt Vermieter, die scheren sich einen Dreck um ihre Häuser.“ Er selbst kenne über den CVJM Familien, die in solchen Wohnungen leben müssten. Gehe die Stadt aber auf solche Eigentümer zu, verlangten die mitunter viel zu hohe Preise, sagt Schäckermann.

Als positives Beispiel für einen beseitigten Schandfleck nennt Schäckermann aber auch die ehemalige Brasilia-Bar, die lange Zeit nur noch als Gebäude-Torso stand und neuen Wohnungen gewichen ist. Allerdings waren dieser Entwicklung auch jahrelange Diskussionen zwischen dem Eigentümer und der Stadt vorausgegangen.

Dass mitunter ein langer Atem notwendig ist, weiß auch Hermann Josef Richter, Vorsitzender von Haus und Grund Wuppertal und Umgebung und des Bürgervereins Nächstebreck. Lange hat er sich mit der Ruine an der Wittener Straße rumschlagen müssen - ehe sie im vergangenen Jahr endlich abgerissen wurde.

Ein Problem aus seiner Sicht: Oft seien die Eigentümer - darunter oft auch anonyme Großunternehmen - überhaupt nicht an ihrem Eigentum interessiert, gar nicht greifbar oder finanziell nicht in der Lage, etwas zu ändern. Schrottimmobilien, sagt er, brächten die „99 Prozent der ordentlichen Hauseigentümer in Schieflage“. Deshalb müsse man alles tun, „damit die Dinger wegkommen“. Dass die Schandflecke über Jahre vor sich hinrotten, „trägt nicht zur Glaubwürdigkeit der öffentlichen Hand bei“, sagt Richter. Im Zweifelsfall müsse die Stadt „alle rechtlichen Mittel ausschöpfen“.

Eigentum ist allerdings ein hohes Gut. „Nur hässlich allein reicht nicht“, um bei einer vermeintlichen Schrottimmobilie tätig werden zu können, hatte Frithjof Look, ehemaliger Abteilungsleiter Stadtentwicklung, 2019 gegenüber der WZ erklärt. Richtig eingreifen könne man erst, wenn Gefahr droht, etwa durch herabfallende Gebäudeteile. Auf den dann folgenden Abrisskosten blieb die Stadt in der Vergangenheit schon mal sitzen - das Förderprogramm zieht in solchen Fällen nämlich nicht.

Und die Kunde, dass die Zahl der Schrott- (33) und Problemimmobilien (43) gesunken ist, wird etwas getrübt durch die Tatsache, dass 15 weitere Bauten aktuell noch als Prüffälle gelten und vielleicht demnächst Eingang in die Liste finden.