Bildung Schulbetrieb in Wuppertal: Neuer Corona-Fall und Kritik am frühen Start

Wuppertal · Nach einer Corona-Infektion an der Helene-Stöcker-Schule wurde eine Lerngruppe unter Quarantäne gestellt.

An vielen Schulen wurden Sicherheitskonzepte für die 14 Tage Unterricht bis zu den Sommerferien erarbeitet.

Foto: dpa/Marcel Kusch

War es das wert? So lautete in den jüngsten Tagen die viel diskutierte Frage an den Grundschulen, die vor den Sommerferien für zwei Wochen zurück in den täglichen Unterricht gegangen sind. Fest steht: Wuppertals Schulleiter hatten mit der unerwarteten Rückkehr zum Vollbetrieb ab dem 15. Juni sehr viel Arbeit. Schuldezernent Stefan Kühn sagt: „Die Schulleiter und Lehrer haben einen riesigen Planungsaufwand gehabt.“ Auch deshalb, weil die Ansage des Schulministeriums, dass es vor den Sommerferien noch einmal Regelbetrieb geben soll, den Verantwortlichen vor Ort nur eine verkürzte Woche Planungszeit gegeben habe.

Die wohl größte Lektion der vergangenen zwei Wochen formuliert Kühn so: „Wir können das Risiko minimieren, aber in der Praxis eine Infektion nie ausschließen.“ Das zeigte sich an den Grundschulen Peterstraße und Hottenstein, wo der Schulbetrieb nach der Corona-Infektion der Mutter eines Schülers vorsorglich eingestellt werden musste.

An der Peterstraße sorgte ein spontanes Reihen-Screening von 350 Schülern und Lehrern am zweiten „regulären Schultag“ für alles andere als einen reibungslosen Wiedereinstieg. Auf Nachfrage der WZ berichtete Kühn von einem dritten Covid-19-Fall an einer Wuppertaler Schule. An der Helene-Stöcker-Förderschule in Barmen erkrankte ein Kind in einer Lerngruppe. In diesem Fall reichte es aus Sicht der Stadt aus, diese Lerngemeinschaft unter Quarantäne zu stellen, weil kein Kontakt zu anderen Schülern bestanden haben soll.

Laut Stefan Kühn müsse die Stadt von Fall zu Fall entscheiden, ob nach einer Infektion eine ganze Schule oder nur eine Klasse isoliert werden muss. Das hänge von verschiedenen Faktoren ab. An der Peterstraße haben einzelne Lehrer Kontakt zu verschiedenen Klassen gehabt, als die Schule noch im Minimalbetrieb lief - also vor dem 15. Juni. Inzwischen achten die Schulen darauf, dass es keine Vermischung zwischen den Klassenverbänden gibt. Dazu erarbeiteten die Schulen Konzepte für die Pausen und die Eingangssituation.

Lehrer fehlen im Unterricht, weil sie zur Risikogruppe gehören

Die enorme Belastung für die Organisatoren bestätigt Rainer Quint, der aktuell Schulleiter der städtischen katholischen Grundschule Wichlinghauser Straße und der KGS Wind Windthorststraße in Langerfeld ist. „Wir sind Oberkante Unterlippe“, sagt Quint. Allein personell sei die Situation schwierig. Dem Leiter fehlen an der Wichlinghauser Straße vier Vollzeitkollegen, die in Corona-Zeiten durch ein Attest vom Unterricht befreit sind, weil sie zu einer Risikogruppe gehören. „Das sind viermal 28 Stunden, die vertreten werden müssen“, sagt Quint. Die Lehrkräfte würden abseits des Unterrichts eingesetzt. Von den 320 Kindern gebe es ebenfalls „eine Handvoll“, die wegen der Pandemie nicht am Unterricht teilnehmen. Weil eine Vermischung der Klassen vermieden wird, fällt derzeit der gesonderte Förderunterricht aus, der auch personell eine Herausforderung gewesen wäre.

Eindeutig kritisch sieht Personalrat Tino Orlishausen von der Lehrer-Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Wuppertal den Grundschulstart: „Es hat sich an mehreren Grundschulen gezeigt, dass die Eröffnung verfrüht war.“ Zudem seien die zwei Wochen „überhaupt kein Test unter Realbedingungen gewesen für die Dinge, die nach den Sommerferien auf uns warten“. An vielen Grundschulen habe man einfach versucht, die 14 Tage so gut es geht zu überbrücken. Schön sei sicherlich gewesen, dass die Schüler vor den Sommerferien noch einmal ihre Sozialkontakte pflegen konnten. „Das ist aber nur ein Bauchgefühl“, sagt Orlishausen.

Die Frage sei aber mit Hinblick auf die Schulschließungen in Wuppertal: „Musste man unbedingt dieses Risiko eingehen?“