Schwingungen für die Sicherheit: Müngstener Brücke im Test

Bei Belastungsfahrten mit Dieselloks will die Bahn den genauen Zustand der Brücke ermitteln. Der erste Eindruck macht Hoffnung.

Nach den ersten Messungen am Montagmorgen war Michael Käufer von der DB Netz AG "verhalten optimistisch". Ab 9 Uhr fuhren drei 80 Tonnen schwere Dieselloks - aneinandergekoppelt oder allein - mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten über die Müngstener Brücke. Mit den dreitägigen Messfahrten soll die Sicherheit des über 100 Jahre alten Bauwerks geprüft werden. Bis Mittwoch wird der Bahnverkehr täglich von 9 und 15 Uhr zwischen Remscheid und Solingen durch Busse ersetzt.

Die ersten Messungen scheinen laut Käufer die bisherigen Berechnungen der Bahn zu bestätigen: Die Brücke sei sicher. "Aber es ist unbestritten, dass wir tätig werden müssen. Die Frage ist nur, wo gezielt." So müssten unter anderem einige der 28 Brückenlager repariert werden. Ziel sei, die Müngstener Brücke nach einer Sanierung die nächsten 30 Jahre betreiben zu können, betonte Käufer. "Aber wir wollen sie wieder mit 70 Stundenkilometern befahren können."

Seit Monaten dürfen die Züge nur in Schrittgeschwindigkeit über die Brücke fahren, für den Güterverkehr ist sie ganz gesperrt. So hat es das Eisenbahnbundesamt verfügt.

Bei den Messfahrten wird nun in verschiedenen Konstellationen geprüft, welche Kräfte die drei Loks auf die Stahlkonstruktion ausüben - bei Tempo 10, 30 und 70Stundenkilometer sowie bei einer Vollbremsung. Sechs Wochen lang haben Mitarbeiter der DB-Spezialabteilung für Brückenmessung aus Magdeburg die Tests vorbereitet, die von einem unabhängigen Prüfer überwacht werden.

An 190 Messpunkten wurden so genannte Dehnungsmess-Streifen angebracht: Messgitterfolie, die von einem ein mal zwei Zentimeter großen Kunststoffplättchen umschlossen ist. An verschiedenen Stellen in der ganzen Brücke haben die Messexperten dafür Farbe vom Stahl entfernt und die Streifen aufgeklebt. "Sie müssen direkt aufs Material aufgebracht werden, um exakte Messungen zu bekommen", erklärt Diplom-Ingenieur Volkmar Quoos. Auf die reflektierenden Streifen sind während der Testfahrten Lasermessgeräte gerichtet: Sie erfassen, wie die Brücke schwingt, wenn die Dieselloks darüberfahren. Arbeiten an einem Bauwerk dieser Größe: Für Quoos ist "das nicht alltäglich. Das macht Spaß."

Die Ergebnisse des rund 300000 Euro teuren Gutachtens sollen am Donnerstag dem Eisenbahnbundesamt übergeben werden. Auf das Brückenfest hat das keinen Einfluss: Dampfzug-Fahrten sind diesmal nicht geplant. "Die Müngstener Brücke wird uns weiter beschäftigen", sagt Michael Käufer. Eine Komplett-Sanierung werde Jahre dauern.