Sie heulen wieder — die Renaissance der Sirenen
Auch Wuppertal hat viele der Geräte wieder aufgebaut. 27 gibt es derzeit auf Stadtgebiet.
Wuppertal. So mancher Zeitgenosse kennt es vielleicht noch aus seiner Kindheit oder Jugend: Samstagsmittags um 12 Uhr erklangen immer die Sirenen. Irgendwann ist diese Tradition ausgestorben, der wöchentliche Probealarm verschwand in den meisten Kommunen. Grund war das Ende des Kalten Krieges: Sirenen wurden bundesweit abgebaut und eingemottet. „Nach der deutschen Wiedervereinigung und der Öffnung der mittel- und osteuropäischen Staaten herrschte damals die Ansicht: ‚Wir brauchen keine Sirenen mehr’“, sagt der Leiter der Feuerwehr Wuppertal, Ulrich Zander. Die Alarmgeber verschwanden von Gerätehäusern, Schulen und weiteren öffentlichen Gebäuden. Bis auf „eine Handvoll Sirenen ohne Funktion“ blieb keine Spur von ihnen.
Vor etwa sechs bis acht Jahren setzte dann nach Angaben von Zander ein Umdenken ein: „Man erkannte: Das war nur der halbe Blick.“ Sirenen seien nicht nur für den Kriegsfall da, sondern könnten auch im Falle schwerer ziviler Unglücke - wie etwa Bränden - eine wichtige Rolle übernehmen. „Sirenen sind das einzige Mittel, um Menschen flächendeckend auf etwas aufmerksam zu machen“, erklärt der Feuerwehr-Chef. Die Bürger könnten durch den Klang der Sirene auf etwas Ungewöhnliches hingewiesen und dazu animiert werden, Radio, Fernsehen oder auch das Internet zu konsultieren. Dort gebe es weitere Informationen zu den Vorfällen.
In den letzten Jahren hat die Stadt Wuppertal deshalb den Sirenenbestand kontinuierlich wieder aufgebaut: Derzeit gibt es 27 Sirenen im Stadtgebiet. Das letzte Dutzend wurde installiert, nachdem das Land vor gut anderthalb Jahren rund 70 000 Euro für die Ausstattung bereit gestellt hatte. Die Stadt kofinanzierte das Vorhaben noch einmal mit derselben Summe. Derzeit sind laut Zander etwa 50 Prozent der Fläche des Stadtgebietes mit Sirenen ausgestattet. In den kommenden Jahren soll das gesamte Stadtgebiet flächendeckend erschlossen werden — etwa 20 weitere Sirenen braucht es dazu vermutlich noch.
Wobei in der Innenstadt mehr Sirenen aufgebaut werden müssen als in den eher ländlichen Randbezirken. Bei einer starken Wohnbebauung wird der Schall gedämpft, während er sich bei weiter auseinanderstehenden Gebäuden besser ausbreiten kann. Vor dem Hintergrund der „hybriden Bedrohung“ durch Terroranschläge ist der Einsatz von Sirenen aber auch bei solchen Ereignissen denkbar.
Analog dazu lässt die Bundesregierung derzeit ihr Zivilschutzkonzept aus dem Jahre 1995 überarbeiten. Ende August will das schwarz-rote Kabinett dazu entscheiden. Auch wenn in einigen Jahren wieder mehr Sirenen in Wuppertal bereitstehen, der Probealarm am Samstagmittag wird wohl nicht wieder erklingen. Um die Funktionsfähigkeit der Sirenen zu überprüfen, reiche es aus, ein- oder zweimal im Jahr einen Probealarm zu machen, betont Zander.