Ziel: Sozialer Frieden zwischen Täter und Opfer

Sacha Léger ist Mediator in Strafsachen und erklärt, was er nach Strafverfahren tut.

Foto: Malcolm Smailes

Wuppertal. „Täter-Opfer-Ausgleich. Was ist das überhaupt?“ Diese Frage wird dem dafür zuständigen Juristen — Mediatoren in Strafsachen — häufig gestellt. Vor mehr als 20 Jahren wurde in das Strafgesetzbuch die Regelung aufgenommen, dass die Strafe des Täters gemildert werden kann, wenn dieser sich ernsthaft um einen Ausgleich mit dem Geschädigten bemüht. Das Verfahren findet somit grundsätzlich vor dem Abschluss des Strafverfahrens, und damit außergerichtlich, statt. Zu bearbeiten sind im Jahr etwa 200 Fälle.

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Ziel dieses Verfahrens ist es, den sozialen Frieden zwischen Täter und Geschädigtem wiederherzustellen. Dies gelingt in etwa zwei Drittel der Fälle. In der Regel werden zunächst Einzelgespräche mit dem Täter und dem Opfer geführt. Wenn man darin den Eindruck gewonnen hat, dass der Täter sein Verhalten bereut und ein gemeinsames Gespräch geeignet ist, den sozialen Frieden wiederherzustellen, trifft man sich erneut an einem runden Tisch im Büro. Dort hat der Täter die Möglichkeit, sich für sein Verhalten zu entschuldigen und dem Opfer eine Wiedergutmachung anzubieten.

Bei Körperverletzungen wird in den meisten Fällen ein Schmerzensgeld als Kompensation gezahlt. Über die Höhe einigt man sich häufig bereits im Gespräch. Grundsätzlich legen die Beteiligten jedoch eigenständig fest, in welcher Form eine Wiedergutmachung erfolgen soll. So ist es auch bereits vorgekommen, dass das Opfer den Täter dazu aufgefordert hat, diesem einen ausführlichen Entschuldigungsbrief zu übersenden.

Der Vorteil des Ausgleichsverfahrens besteht darin, dass sich Täter und Opfer intensiv austauschen können. Auf diese Weise lernt das Opfer den Mensch hinter der Tat kennen. Viele Geschädigte sind überrascht, dass ihnen ein ganz normaler Mensch gegenübersitzt, der aus einer Not oder Unbedachtheit eine Straftat begangen hat. Den Opfern geht es oftmals weniger darum, Geld von dem Täter zu erhalten. Es ist diesen wichtiger Antworten zu erhalten, warum sie Opfer einer Straftat geworden sind. Zudem ist es vielen Geschädigten ein großes Bedürfnis, dem Täter mitzuteilen, welche Folgen die Straftat nach sich gezogen hat. Wichtig ist, dass sich die beteiligten Personen am Ende eines Ausgleichsgesprächs die Hand reichen. Diese symbolische Handlung dokumentiert für den Mediatoren, dass der Konflikt tatsächlich geklärt ist.

Die Gespräche finden grundsätzlich in der Dienststelle statt. Der Mediator legt großen Wert darauf, dass sich die Leute bei ihm wohlfühlen und die Atmosphäre als angenehm empfinden. So biete man auch gerne ein Glas Wasser an, wenn deutlich wird, dass der Gesprächspartner aufgeregt ist und ihm die Stimme versagt.

Ein großer Vorteil der Tätigkeit des Mediatoren besteht darin, dass er sich Zeit für die Menschen nehmen kann. Es kommt daher auch gelegentlich vor, dass mehrere Vor- und Ausgleichsgespräche geführt werden müssen, um zu einem erfolgreichen Abschluss des Falls zu gelangen.

Die Kosten für den Täter-Opfer-Ausgleich werden in NRW durch freie Träger und das Justizministerium übernommen. Im Landgerichtsbezirk Wuppertal ist dies der Verein für Bewährungshilfe, der sich über Geldzuweisungen der ansässigen Justizbehörden sowie durch Spenden finanziert.