Innovatives pädagogisches Konzept Siebte Gesamtschule: Unterricht wird in Wuppertal neu gedacht

Heckinghausen · Das GMW stellt den Ergebnisbericht der Phase Null vor und erläutert die Pläne, die man mit der siebten Gesamtschule verfolgt. Der Baustart fürs Schulgebäude steht noch nicht fest

Nicole Wentzel und Thomas Lehn stellten den Ergebnisbericht vor und beantworteten Fragen. Stefan Kühn und Renate Warnecke saßen im Publikum (v.l.).

Foto: Fries, Stefan (fri)

Es waren viele fragende Gesichter, in die Nicole Wentzel vom Gebäudemanagement Wuppertal (GMW) am Mittwochabend schauen musste, als sie im Stadtteilzentrum Heckinghausen das innovative pädagogische Konzept der neuen siebten Gesamtschule vorstellte, die der Lenkungskreis mit Experten erarbeitet hat.

In der Veranstaltung, an der rund 30 Gäste teilnahmen, erklärte Schuldezernent Stefan Kühn: „Das Konzept hat mich doch auch verschreckt.“ Als er die Schule verlassen habe, wäre Unterricht in der Form, wie nun angestrebt, nicht denkbar gewesen. Yannik Düringer, SPD-Ratsmitglied, der auf Lehramt studiert, merkte an, dass die Lehrerausbildung noch in die Richtung gelenkt werden müsse, die für neue pädagogische Konzepte erforderlich sei. Aber er zeigte sich offen dafür.  „Das ist eine wahnsinnig spannende Ausrichtung.“

Nicole Wentzel erläuterte in ihrem Vortrag: „Wir wollen uns von den bisherigen Strukturen weiterführender Schulen lösen. Die Organisation in Klassenverbänden weicht zugunsten der bedürfnisorientierten Abbildung von familienähnlichen Einheiten.“ Den Schülern soll eine „Fülle von Angeboten“ an die Hand gegeben werden über die gesamte Öffnungszeit der Schule hinweg. Neben Frühstücks- und Mittagsessenszeiten sind Mensa und Cafeteria konstant zugänglich und nutzbar. Es gibt Ruheräume und unterschiedliche Plätze für Interaktion. Da keine klassische Klassenstruktur mehr vorhanden ist, sollen sogenannte Hausgruppen den Schülern Orientierung bieten. „Die siebte Gesamtschule löst sich von den hergebrachten Organisationen in Jahrgängen und Klassen. Die eigene Hausgruppe funktioniert als Ankerpunkt“, macht Wentzel deutlich. Die Idee der Hausgruppe, die altersgemischt durch zwei bis drei Jahrgänge ist und von einer Lehrperson begleitet wird, ist, dass sie ein Bildungs- und Lebensraum ist. Sie ist „Treffpunkt und Marktplatz“, so Wentzel. Die Hausgruppe bleibt bis zur Sekundarstufe 2 als Einheit bestehen. Hausgruppen haben zehn bis 15 Mitglieder.

Kernstück des Curriculums ist, dass sich nicht der Schüler dem Leistungsprogramm anpasst, sondern die Erwartungen und Ziele passen sich dem einzelnen Schüler an. Lernwege werden individuell gestaltet und nicht durch Vorgaben eingeschränkt. Gelernt werden darf alleine, zu weit, in Gruppen und in allen Bereichen des Schulgeländes. Um auch die Digitalisierung zu fördern, sollen die Schüler und deren Familien im Umgang mit digitalen Medien durch Medienscouts begleitet werden. Ebenso soll die technische Ausstattung gestellt werden.

Umwelt- und Klimaschutz
sind fest verankert

Weitere Herzkammer der neuen Schule soll der Umwelt- und Klimaschutz sein, unter anderem mit Photovoltaikanlagen auf dem Dach, Abfalltrennung, Sauberkeit des Schulgebäudes und –hofes und Schulgarten. Auch die gesunde Ernährung spielt eine entscheidende Rolle. Das alles sei „keine Utopie“, betonte Wentzel. Es gebe in Deutschland und anderen europäischen Ländern erfolgreiche Beispiele, dass Schule so funktioniert.

Die Frage, die sich anschließt, ist, wie das Gebäude aussehen soll, um dem besonderen Bedarf gerecht zu werden. Dazu sagte die ebenfalls anwesende Mirja Montag, Betriebsleiterin des Gebäudemanagements, dass man diese Schule nicht von der Stange planen könne. „Im Moment befinden wir uns noch in der Phase, wo wir untersuchen, was haben wir da eigentlich gekauft“, sagte sie lächelnd in Hinblick auf das Art-Hotel. Ein Termin, wann Baustart ist oder wann die Schule fertig sein wird, konnte sie auf Nachfrage nicht nennen; sie glaube aber nicht, dass das Hotel rückgebaut werde.

Die Stadt hat die Gründung der siebten Gesamtschule beschlossen, um dem wachsenden Bedarf nach Gesamtschulplätzen gerecht zu werden. Der Bedarf an zusätzlichem Schulraum im Wuppertaler Osten erfordere eine neue sechszügige Gesamtschule. In Wuppertal rechnet man mit einer Steigerung der Schülerzahl von derzeit 16 654 auf 18 336 in fünf Jahren.