Stadtbild Situation mit Bettlern in Wuppertal spannt sich an

Wuppertal · Sie gehören heutzutage in das Stadtbild einer Innenstadt wie Einkaufszentren oder Springbrunnen: Menschen, die um Geld betteln. Nun scheint sich die Lage in der Innenstadt angespannt zu haben.

Bei aggressiveren Formen des Bettelns gehen Bettler massiv auf Menschen zu.

Foto: dpa/Friso Gentsch

Sie gehören heutzutage in das Stadtbild einer Innenstadt wie Einkaufszentren oder Springbrunnen: Menschen, die um Geld betteln. Meistens geschieht dies passiv. Sie sitzen auf dem Boden und haben einen Becher vor sich, in den die Passanten ihr Kleingeld werfen können. Doch es gibt auch aggressivere Formen des Bettelns: „Vereinzelt gehen welche massiv auf Menschen zu“, weiß Matthias Zenker von der Interessengemeinschaft Wuppertal 1 e. V. (IG1). Aber das sei eher seltener.

Die Situation hat sich in den letzten Wochen verschärft

Er habe den Eindruck, dass sich die Situation mit den Bettlern in der Innenstadt in den letzten Wochen mehr angespannt habe. „Es ist noch nicht so massig, aber es gab schon Zeiten, in denen es besser war“, antwortet er auf die Frage, ob mehr Bettler unterwegs sind. Zenker betont, das sei nur sein eigener Eindruck. „Generell ist der Anblick bettelnder Menschen nicht gut für das gesamte Stadtbild“. Auch nachts ist keine Ruhe in Sicht: „Die schlagen ihre Nachtlager auf und verweilen da entsprechend“. Matthias Zenker informiert, dass es in Zusammenarbeit mit der Immobilien- und Standortgemeinschaft Poststraße/Alte Freiheit Überlegungen gäbe, in Zukunft einen privaten Securitydienst zu beauftragen, um Bürgern ein besseres Gefühl der Sicherheit zu vermitteln.

Die IG1 sei zudem in Kontakt mit dem Ordnungsamt, das Platzverweise ausspreche. Diese Maßnahme schaffe wohl nur recht befristet Abhilfe. Denn: „Nach einer halben Stunde sind sie wieder da“, weiß Zenker.

Thomas Eiting vom Presseamt der Stadt Wuppertal ist auf Nachfrage nichts von Platzverweisen bekannt, da das Betteln grundsätzlich erlaubt sei. „Beschwerden von Anwohnern oder Ladeninhabern kommen schon mal vor, aber selten. Etwa ein bis fünfmal im Jahr“. Es gäbe nicht mehr Beschwerden als üblich, dies sei immer auch abhängig von der Wetterlage, erklärt Thomas Eiting weiter.

Ob es organisierte Bettel-Banden in Wuppertal gibt, könne er nicht konkret sagen, gibt Matthias Zenker von der IG1 zu. Thomas Eiting wird konkreter: „Das wird immer behauptet, wir haben das in Wuppertal noch nicht nachweislich festgestellt. Hier gilt: Niemand ist gezwungen, Geld zu geben.“

„Betteln in der Innenstadt ist ein sehr sensibles Thema“, so die Meinung der Direktion der Diakonie Wuppertal, Sabine Federmann. Die einzige Hilfe gegen Bettelstrukturen – hiervon ausgenommen sind organisierte ,Profibanden‘ – wäre eine ausreichende staatliche Versorgung aller Menschen im Rahmen ihres tatsächlichen Leistungsbedarfs. Dieser Bedarf überschreitet häufig den Leistungssatz“, sagt sie. Diesen zu beziehen, kann mitunter beschwerlich sein. „Oft schaffen die Menschen es nicht, in den Leistungsbezug zu kommen. Hierfür sind feste Strukturen nötig, die manche Menschen mit dem Lebensmittelpunkt Straße nicht aufrecht halten können. So zum Beispiel das tägliche Melden in der zentralen Beratungsstelle“.

Sabine Federmann zählt weitere Hürden für Obdachlose auf. „Man benötigt einen Personalausweis, dafür wiederum einen Termin beim Einwohnermeldeamt, Geld für Passfotos, die Gebühren für den Ausweis.“ Es könne zu hohen Schuldenständen kommen durch die seit 2009 eingeführte Krankenversicherungspflicht in Deutschland. Bei Menschen, die lange nicht im Leistungsbezug oder in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gewesen seien, können nicht gezahlte Krankenkassenbeiträge aufgelaufen sein.

„Wir als Diakonie kennen viele der Menschen, die in den Wuppertaler Innenstädten unterwegs sind, und sind in der Regel mit ihnen im Kontakt, sofern sie es zulassen. Wir versuchen, alle in den Leistungsbezug zu bringen. Dafür sind oft viele Anläufe nötig“, erklärt Sabine Federmann.