Interview So blicken Wuppertaler Erstwähler auf ihre erste Bundestagswahl

Wuppertal · Juri Stausberg und Finn Pupeter sind zwei von knapp 10.000 Erstwählern in Wuppertal. Im WZ-Interview sprechen sie über ihr Wahlrecht, Fake-News und Kriterien bei der Stimmabgabe.

Das Thema Klimaschutz kommt sowohl Finn Pupeter (l.) als auch Juri Stausberg aktuell in der Politik in Deutschland zu kurz.

Foto: Ja/Fischer, Andreas

9879 junge Wuppertaler dürfen in diesem Jahr zum ersten Mal bei einer Bundestagswahl ihre Stimme abgeben. Zu ihnen gehören auch Juri Stausberg und Finn Pupeter. Beide sind Ende des vergangenen Jahres 18 geworden und besuchen das Gymnasium Bayreuther Straße.

Ihr dürft am Sonntag zum ersten Mal bei einer Bundestagswahl eure Stimme abgeben. Was bedeutet euch das?

Juri Stausberg: Es ist ein Privileg, dass wir mitbestimmen dürfen. Vorher habe ich schon manchmal darüber nachgedacht, wie ich wählen würde. Ich freue mich, dass ich das jetzt auch zum Ausdruck bringen kann.

Finn Pupeter: Man kann jetzt tatsächlich über die Zukunft des Landes mitentscheiden. Das ist auch für mich ein Privileg.

Wie ist der Tenor bei euren Mitschülern? Wollen sie ihr Wahlrecht in Anspruch nehmen?

Stausberg: So wie ich es mitbekommen habe, wollen so gut wie alle wählen gehen. Viele sind sich jedoch unsicher, wen sie wählen sollen. Nicht zu wählen ist für sie aber keine Option.

Sprecht ihr in der Schule über die Wahl?

Stausberg: Im Unterricht haben wir nicht viel darüber gesprochen. Ich würde mir wünschen, dass es mehr ist. Nicht als Orientierungshilfe, sondern, um mit anderen in den Austausch zu gehen.

Pupeter: Ich finde es auch wichtig, dass wir beigebracht bekommen, wie wir mit Informationen umgehen, die auf uns einprasseln. Wie stellt man klar, ob sie richtig sind?

Wo informiert ihr euch denn jetzt vor der Wahl?

Stausberg: Ich habe den Wahlomat genutzt. Sonst gucke ich in Sozialen Medien und auch in den Nachrichten, wie sich die Politiker äußern.

Pupeter: Ich habe mir auch viel über Social Media angeschaut. Was die Parteien, die Kanzlerkandidaten so machen, was sie sagen.

Nach welchen Kriterien entscheidet ihr bei der Stimmabgabe? Gibt es Themen, die euch wichtig sind?

Stausberg: Mir ist das Thema Klimaschutz wichtig und das kommt mir eigentlich bei fast allen Parteien zu kurz. Mittlerweile auch bei den Grünen. Ansonsten schaue ich, wie sich die Parteien äußern: Eher populistisch, emotional oder faktenbasiert und unter der Berufung von Studien?

Ihr habt beide die Demo gegen Rechts besucht. Wie seht ihr die aktuellen Entwicklungen in Deutschland? Machen sie euch Sorgen?

Stausberg: Es macht mir schon ein bisschen Angst. Wenn man hört, wie viele Leute sprechen, merkt man, dass Fakten kaum noch eine Rolle spielen. Man hat das Gefühl, dass die Leute leicht in extreme Richtungen abrutschen. Ich habe keine Angst, dass die Regierung in die falsche Richtung geht, da alle großen Parteien sagen, dass sie nicht mit der AFD koalieren werden. Ich merke aber, dass es immer unruhiger in der Bevölkerung wird.

Pupeter: Da kann ich Juri nur zustimmen. Populistisch ist das richtige Wort, um die politische Landschaft aktuell zu beschreiben und die AFD hat das vorangetrieben. Da kann und sollte man schon gegen kämpfen und den Leuten auch sagen, dass sie sich richtig informieren sollen.

Ihr informiert euch auch über die Sozialen Medien. Welche Plattformen nutzt ihr? Instagram? Oder auch TikTok? Der Kanal wird ja stark von der AFD zur Wahlwerbung genutzt.

Stausberg: Ich habe TikTok, würde mich darüber aber nicht informieren. Ich nutze dafür eher Accounts, wo ich mir sicher bin, dass ich ihnen vertrauen kann. Wie beispielsweise der der Tagesschau auf Instagram.

Pupeter: Ich habe kein TikTok, weil es meiner Meinung nach die schlechteste App ist, um sich über irgendwas zu informieren. Außer man will eben falsch informiert werden.

Was wünscht ihr euch künftig von der Politik in Deutschland?

Stausberg: Inhaltlich würde ich mir wünschen, dass es wieder weggeht von diesem populistischen, teilweise ausländerfeindlichen, wo der Fokus fast nur noch auf der Migration liegt. Es muss wieder mehr auf andere Themen geschaut werden, wie auf den Klimaschutz.

Pupeter: Ich finde auch, dass sich die Rechten zu sehr bestimmte Themen herausnehmen und dann alle dazu bringen, dass sie nur noch darüber reden, wie jetzt bei der Migration. Der Diskurs geht dadurch von vielen anderen, genau so wichtigen Themen, weg. Es gibt so viele Themen, wo man sagen würde: Okay, da muss man auch drüber reden.