Paracelsus-Medaille: So überwand die Wuppertaler Ärztin Dr. Ute Otten alle Grenzen Paracelsus-Medaille für die Wuppertaler Ärztin Ute Otten

Wuppertal · Die Ärztin Ute Otten (84) ist mit der Paracelsus-Medaille, der höchsten Auszeichnung der deutschen Ärzteschaft, geehrt worden. Seit 1960 lebt die in Berlin geborene Medizinerin in Wuppertal und hat als Mitinitiatorin des Vereins „Stolpersteine in Wuppertal“ in ihrer Wahlheimat Zeichen gesetzt.

Dr. Ute Otten wurde auf der Vorstandssitzung der Bundesärztekammer mit der Paracelsus-Medaille, die höchste Ehrung der deutschen Ärzteschaft, ausgezeichnet.

Foto: Deutscher Ärztinnenbund

Die Preisträgerin ist Ehrenmitglied des Deutschen Ärztinnenbundes (DÄB). Von 1993 bis 1997 war sie Präsidentin des DÄB und zuvor lange im Vorstand und als Vizepräsidentin für den DÄB aktiv. Die Integration der Ärztinnen aus den neuen Bundesländern war ihr ein besonderes Anliegen.

Dr. Ute Otten hat sich neben ihrer Tätigkeit im öffentlichen Gesundheitsdienst auf vielfältige Art und Weise für ihre Mitmenschen eingesetzt und bei humanitären Hilfsprojekten mitgewirkt. 1992 war sie mit dem Aufbau, der Organisation und der Ausführung der medizinischen Erstversorgung von 1000 bosnischen Flüchtlingen betraut, die überraschend mit einem Hilfszug des Deutschen Roten Kreuzes im Aufnahmelager Unna-Massen angekommen waren. Kurz danach reiste sie ins Kriegsgebiet, besuchte mehrere Flüchtlingslager, die unter Beschuss standen, und verteilte dabei Spendengeld für ein Zentrum zur medizinischen und psychischen Behandlung geflüchteter Frauen nach sexualisierter Gewalt.

„Meine Töchter hatten die Idee, 20 000 D-Mark in einem Kilo-Paket mit Haferflocken in das Krisengebiet einzuschmuggeln. Bei einer Kontrolle sollte ich sagen, ich sei magenkrank. Zum Glück bin ich damals nicht kontrolliert worden“, erinnert sich Dr. Ute Otten schmunzelnd.

Als Zehnjährige hatte sie den Entschluss gefasst, Ärztin zu werden. „Als Kind war ich an Tuberkulose erkrankt und habe in dieser Zeit viel gelesen. Damals war es mein Traum, mit dem Tropenarzt Albert Schweitzer in Lambarene zusammenzuarbeiten.“ Da ihre Mutter in zweiter Ehe einen Erfurter Fabrikanten geheiratet hatte, die Familie also nicht den sozialistischen Idealen entsprach, und sie statt der Freien Deutschen Jugend (FDJ) der Jungen Evangelischen Gemeinde beigetreten war, standen dem Medizinstudium große Hindernisse im Weg. Ute Otten wurde als „Element, das auf Universitäten/Schulen der DDR nicht zu dulden sei“, eingestuft. Als Achtzehnjährige floh sie nach Westberlin, absolvierte das 13. Schuljahr und legte ein zweites Mal ihre Abiturprüfung ab, studierte danach in Freiburg, Kiel und München.

14 Tage nach ihrem Staatsexamen heiratete sie Dr. Hinrich Otten, der bei Bayer in Wuppertal 1960 eine Stelle angetreten hatte. 1962 erhielt sie ihre Approbation als Ärztin. Als Schulärztin arbeitete sie von 1969 bis 1982 für das Gesundheitsamt Wuppertal, als Stadtärztin in Dortmund bis 1986 sowie bis 2000 als Leiterin des Kinder- und Jugendärztlichen Dienstes im Kreis Unna. Dr. Ute Otten war außerdem Dozentin der Akademie für öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf und hat bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mitgearbeitet. Mit der Aidshilfe hat sie mehrere sozialpädagogische Projekte organisiert und an einem Projekt des Familien- und Städtebauministeriums zur Verbesserung der Wohnsituation von Kindern mitgewirkt.

In der Corona-Pandemie sieht Dr. Ute Otten die Demokratie auf dem Prüfstand. „Ich war erstaunt, wie gut alles im ersten Anlauf gemanagt worden ist. Aktuell habe ich aber das Gefühl, dass es den kommunalen sowie den Landes- und Bundesbehörden etwas über den Kopf wächst. Die große Mehrheit der Menschen, die vernünftig mit dem Thema umgeht, müsse sich gegen die durchsetzen, „die machen, was sie wollen“. Wichtig sei, die Balance zu halten: Was darf ich den Menschen an Regelungen zumuten, wann geht es mit den Auflagen bis in den privaten Bereich zu weit?