Wuppertal Sofja Gülbadamova bricht Lanze für Dohnányi
Im Rahmen des letzten städtischen Kammerkonzerts der Saison präsentierte die Musikerin Werke des ungarischen Pianisten.
Wuppertal. Es ist nicht die von manchen apostrophierte rückwärtsge-wandte Tonsprache, die Ernst von Dohnányi nicht oft auf Konzertprogrammen erscheinen lässt. Es ist der Rufmord, der 1945 an ihm begangen wurde. Das ist verbrieft. Dieses falsche Etikett, ein Kriegsverbrecher gewesen zu sein, haftet immer noch an ihm.
Weltweit ist Sofja Gülbadamova eine der wenigen Künstlerinnen, die beharrlich dieses Fehlurteil aus der Welt schaffen wollen, um diesem großen ungarischen Komponisten und Pianisten posthum seine verdiente Würde zurückzugeben.
Im Februar 2015 war sie schon einmal im Mendelssohn Saal der Stadthalle und brach im Rahmen des Klavierzyklus der Kulturabteilung der Bayer-Werke eine Lanze für ihn (wir berichteten über dieses großartige Konzert). Nun kam sie auf Einladung des Sinfonieorchesters Wuppertal wieder dorthin, um im Rahmen des letzten städtischen Kammerkonzerts dieser Saison erneut Werke von Dohnányi zu präsentieren.
Man merkte es der in Russland geborenen, international anerkannten Pianistin mit ihren Anmoderationen über Leben und Werk des Großvaters des Dirigenten Christoph von Dohnány an, wie viel ihr an ihm liegt. Genauso offen und selbstbewusst gestaltete sie mit vier Orchestermitgliedern auch musikalisch den langen doch kurzweiligen Abend.
Stets hatte Gülbadamova am Flügel den Überblick, nahm Blickkontakte zu ihren Kollegen auf, wenn es um Einsätze oder leidenschaftliche musikalische Spannungsbögen ging. Dem Tasteninstrument entlockte sie dabei in allen Belangen brillante, tief ausgelotete, leidenschaftliche Töne.
Großen Anteil an dem erstklassigen Abend hatten auch die Geiger Nikolai Mintchev (Konzertmeister) und Anna Heygster (stellvertretende Konzertmeisterin), Hikaru Moriyama (stellvertretende Solobratschistin) und Michael Hablitzel (Vorspieler der Cellogruppe). Sie überzeugten mit einer großen emotionalen Tongebung und einem dichten Spiel.
So konnten die fünf Musiker anhand der Sonate für Geige (Mintchev) und Klavier op. 21 und dem Klavierquintett in c-Moll (mit Mintchev als Primgeiger) Dohnányis großen musikalischen Einfallsreichtum und meisterhafte Kompositionstechnik eindrucksvoll darstellen. Er war, wie ihm leider oft angekreidet wird, kein Epigone von Johannes Brahms.
Dass er sich unter anderem hinsichtlich formaler Gestaltung und Umgang mit Harmonien von seinem einstigen Förderer emanzipierte wurde sehr deutlich, als Brahms’ erstes Klavierquartett (mit Heygster als Primgeigerin) g-Moll mit Dohnányis Musiksprache konfrontiert wurde. Ein exzellentes Kammerkonzert endete mit lang anhaltendem Beifall.