Doppelmord Spekulationen um den Fall Springmann

Seit fast neun Wochen ermittelt die Staatsanwaltschaft im Doppelmord von Ronsdorf. Ohne nachzulassen, sagt sie. Aber auch noch ohne durchschlagenden Erfolg.

Foto: Stefan Fries

Wuppertal. Auch fast 70 Tage nach dem Doppelmord an Enno Springmann (91) und dessen Frau Christa (88) rätselt die Öffentlichkeit, wer das Unternehmer-Ehepaar auf dem Gewissen hat. In Ronsdorf brodelt die Gerüchteküche, vergeht kein Tag, an dem nicht neue vermeintliche Details ans Licht der Öffentlichkeit dringen. Ob an den Gerüchten ein Körnchen Wahrheit ist, weiß allerdings nur die Staatsanwaltschaft. Und die hüllt sich in Schweigen, um die Ermittlungsarbeit nicht zu gefährden, wie Chefermittler Hauke Pahre gegenüber der WZ erklärt.

Wo keine Antworten sind, entsteht Raum für Spekulation. Den füllten in den vergangenen Wochen verschiedene Boulevardzeitungen. Wer immer bisher auch in die Nähe der Familie Springmann gerückt und mit der Tat in Verbindung gebracht wurde, ist noch auf freiem Fuß.

Mord an Ehepaar Springmann
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„Glauben Sie, das wäre so, wenn das wirklich bezahlte Killer wären“, hieß es damals auf Anfrage der WZ aus der Staatsanwaltschaft. Wenige Tage zuvor war auf der Autobahn 3 ein roter BMW von der Polizei gestoppt worden. Die beiden Insassen wurden festgenommen, im Kofferraum des Fahrzeugs sollen sich zwei Schusswaffen mit Schalldämpfern befunden haben. Die Springmanns sind allerdings erschlagen worden. Vom roten BMW soll es aber eine Verbindung in den Dunstkreis der Springmanns geben. Dazu sagt die Staatsanwaltschaft nichts.

„Die tun nix, die untersuchen nix“, heißt es nun schon im Umfeld der Familie über die Ermittler. Die Nerven sind gespannt. Neun Wochen sind eine lange Zeit. Niemand weiß, was hinter der Bluttat steckt und ob er vielleicht selbst im Visier der Täter ist. Schließlich geht es um Geld, um sehr viel Geld. Springmanns waren nicht wohlhabend, sie waren reich. Von einigen Firmenbeteiligungen ist die Rede, von Immobilien nicht nur in Deutschland, von reichlich Bargeld. Auch das Anwesen in Ronsdorf spricht dafür. Dort sind immer noch Spurensucher unterwegs.

Das Gelände ist gesperrt. Zutritt verboten, auch für die Angehörigen der Opfer. Dass die mit Argusaugen beobachten, was die Staatsanwaltschaft macht, verstehen die Ermittler nur zu gut. In Krimiserien werden solche Fälle schließlich in 90 Minuten gelöst, Horst Tappert, alias Stefan Derrick schaffte es gar in 60 Minuten. In der Realität sind es normalerweise wenige Tage. Oft stellen sich die Täter selbst, halten es nicht mehr aus, mit ihrem schrecklichen Handeln allein zu sein.

Im Falle des Ehepaares Springmann ist das nicht so. Zwar vermutet die Staatsanwaltschaft den Täter im näheren Umfeld der Familie, Konsequenzen konnte sie daraus aber bisher nicht ziehen. Wenn es Beweise oder Indizien gibt, reichen sie anscheinend noch nicht aus. Also wird weiter ermittelt.

Deshalb ist die Mordkommission in unveränderter Stärke im Einsatz. 20 Ermittler arbeiten seit dem 20. März, seit dem Tag nach der Bluttat an der Suche nach Wahrheit. „Die Leute wechseln zwar, aber die Zahl ist unverändert“, erklärt Hauke Pahre. Die Tatortarbeit laufe immer noch, die Rechtsmedizin untersuche Spuren. Um dem Täter oder den Tätern auf die Schliche zu kommen, holen sich die Wuppertaler Unterstützung von verschiedenen Landeskriminalämtern in Deutschland.

Die Bereitschaftspolizei war im Einsatz, um das Grundstück in Ronsdorf wieder und wieder Quadratzentimeter für Quadratzentimeter abzusuchen, Zeugen wurden befragt und Zeugen werden befragt, Daten gesammelt und ausgewertet.

Allzu viel Neues scheint die Staatsanwaltschaft sich davon aber nicht zu erhoffen. Sie hat schnell ausgeschlossen, dass fahrende Einbrecher für die Tat in Frage kommen. Sie glaubt eher, dass der Täter aus dem näheren Umfeld der Springmanns stammt. Deswegen verzichtete und verzichtet Pahre darauf, eine Belohnung für Hinweise auszusetzen. Das hat ihm den Unmut derer eingebracht, die ein persönliches Interesse daran haben, dass der Fall aufgeklärt wird.

„Aber wir sind nicht gegen eine Auslobung. Wer das als Privatmann tun möchte, der darf das tun“, erklärt Pahre. Doch die Staatsanwaltschaft beabsichtige das eben nicht. Sie verspricht sich nichts davon. „Wir halten es derzeit nicht für schädlich“, sagt Pahre. Aber eben auch nicht für nützlich.

Unterdessen brodelt die Gerüchteküche weiter. Die Folgen davon sind mittlerweile unüberhörbar. Das Bild der Springmanns in der Stadt ist bereits ein anderes geworden. Es hat Risse bekommen. Wenn nur ein Bruchteil dessen stimmt, was halb Ronsdorf munkelt, dann war die Familie alles andere als heil. Von Enttäuschung und Misstrauen ist die Rede, von Härte und Kälte. von Rücksichtslosigkeit und übersteigertem Geltungsbedürfnis. Die Opfer sollen nicht im selben Grab beigesetzt worden sein. Der stattliche, gradlinige Unternehmer und großzügige, lokalpatiotische Kultursponsor könnte anders gewesen sein, als viele ihn sahen. Fast neun Wochen nach der Tat ist es, als stürbe Enno Springmann ein zweites Mal. Auch deshalb sehnen sich viele, die ihn kannten, danach, dass die Tragödie bald enden möge.