Wuppertal Springmann-Prozess: Der Mitangeklagte hat "ausgiebig gelebt“

Im Prozess um die Springmann-Morde beschreibt ein Zeuge den zweiten Angeklagten. Andere berichten erneut über die Familie der Getöteten.

Foto: Stefan Fries

Wuppertal. Ein Neffe des getöteten Enno Springmann war am zehnten Verhandlungstag im Prozess um die Ermordung des Springmann-Paares im Zeugenstand. Der 76-Jährige hatte ein freundlicheres Bild von dem Paar als andere: „Ich habe sie immer freundlich und harmonisch erlebt“, betonte er.

Im Prozess gegen den Enkel (26) des Paars und dessen Geschäftspartner (45) hat das Gericht bisher viele Zeugen zu den Familienverhältnissen und dem Charakter Enno Springmanns befragt. Denn laut Anklage soll der Enkel gefürchtet haben, enterbt zu werden, wenn der Großvater vom Abbruch seines Studiums erfährt.

Der Neffe bestätigte, dass Enno Springmann hohe Erwartungen an sich und seine Umwelt hatte, eine Enttäuschung zu einem tiefen Bruch führen konnte. So sei es wohl auch bei seinem Sohn gewesen. Bei der Polizei hatte er angegeben, Enno Springmann habe gesagt, dass sein Sohn sein Lebenswerk zerstört habe.

Daher habe er wohl auf den Enkel gesetzt: „Er war für ihn der neue Hoffnungsträger, er war der Kronprinz.“ In der Familie seien alle überzeugt gewesen, dass der Enkel studiert. Auch seine eigene Enttäuschung sei groß gewesen, als er von der Polizei erfuhr, dass das nicht der Fall war. Die Reaktion seines Onkels auf eine mögliche Entdeckung dieser Tatsache schätzte er durchaus heftig ein: „Das ist ein tiefer Bruch.“

Bei der Polizei hatte er vermutet, dass das zu einem Rauswurf und endgültigen Bruch geführt hätte. Vor Gericht schränkte er nun ein, dass sein Onkel nach dem ersten Aufbrausen wohl wieder zugänglich geworden wäre: „Ich habe Zweifel, ob er ihn enterbt hätte. Aber sicher hätte er den Geldhahn zugedreht.“

Das Gericht hörte auch eine ehemalige Lebensgefährtin (56) des Sohnes. Ihr war anzumerken, dass sie noch immer tiefen Groll darüber hegt, vom Sohn betrogen worden zu sein. Sie beschrieb das Verhältnis von Christa Springmann und ihrem Sohn als ein schwieriges. Der Sohn habe darunter gelitten, dass die Mutter nicht offiziell zu ihm steht — sie hätten sich oft heimlich in einem Restaurant getroffen.

Beide Angeklagte kannte ein weiterer Zeuge (37) — „aus griechischen Cafés“. Mit dem 45-Jährigen habe er sich befreundet, über ihn dann auch den Enkel kennengelernt. Über den 45-Jährigen sagte er: „Er wollte was Geschäftliches machen. Mal hat er Strom verkauft, mal was im Internet.“ Gemeinsam hätten sie in Griechenland ein Callcenter aufmachen wollen, auch der Enkel habe sich beteiligt. „Das hat aber nicht geklappt.“

Über den Enkel sagte er: „Er hatte viele Neider.“ Er hat für ihn Verständnis: „Er war 23, 24 Jahre alt und hatte Geld in der Tasche.“ Er selbst hätte an seiner Stelle sicher noch mehr angegeben. Der Enkel habe ihm in einer schwierigen Lage 45 000 Euro geliehen.

Schockiert sei er gewesen, als der Mitangeklagte acht Wochen nach dem Mord wegen Waffenbesitzes festgenommen wurde. Dieser und ein weiterer Verdächtiger hatten Pistolen mit Schalldämpfern gekauft. Über die Hintergründe wisse er aber nichts, betonte der Zeuge. Auf seine Nachfragen habe der 45-Jährige nur gesagt: „Ich wollte die haben.“

Auf Fragen des Gerichts sagte er, dass der 45-Jährige Drogen genommen habe. Und: „Er hat ausgiebig gelebt, gegessen, getrunken.“ Auf die Frage, wer Angst vor dem 45-Jährigen haben könnte, wehrte er ab: „Quatsch! Alle mögen ihn.“

Eine Nachhilfestunde war auch Thema: Die Nachhilfelehrerin von zwei Nichten des Enkels ist diesem am möglichen Tattag in der Familie seines Bruders begegnet. Weil sie spät dran war und daher Handy-Nachrichten an die Mutter der Mädchen schicke, wusste sie, wann sie dort ankam: um 17.25 Uhr. Ganz sicher war sie sich aber nicht, ob sie den Enkel bei der Ankunft oder beim Abschied zwei Stunden später gesehen hat.