Die Wiege der CDU liegt in Wuppertal

Villa Halstenbach war Treffpunkt der Gründungsmitglieder.

Foto: Andreas Fischer

Oberbarmen. Edle Architektur sieht oft nur der, der genau hinschaut. Am Diek 47 steht ein zweigeschossiges Fachwerkhaus aus dem frühen 19. Jahrhundert, das neben Prunk eine außergewöhnliche Geschichte aufweist. Denn in dieser Villa Halstenbach kamen kurz nach dem Krieg einige junge Männer zusammen, um die weitgehend aufgeriebene Zentrumspartei wiederzubeleben. Die Bezeichnung Christlich-demokratische Partei gab die neue Formation später auf und nannte sich Christlich Demokratische Union Deutschlands. Die Anfänge der CDU liegen also in Wuppertal, auch wenn die offizielle Gründung der Partei erst am 2. September 1945 in Köln stattfand.

Die Villa Halstenbach hatte Tradition als Treffpunkt christlicher Kreise. Quellen zufolge 1806/07 von Peter Mittelsten Scheid erbaut, kam das Haus 1922 in den Besitz des Fabrikinhabers Willy Halstenbach (1886—1953). Der Kunstmäzen interessierte sich für theologische Studien und war Presbyter der evangelisch-reformierten Gemeinde Barmen-Gemarke.

Zur Zeit des Nationalsozialismus entwickelte sich Halstenbachs Villa zum geheimen Treffpunkt von Anhängern der bekennenden Kirche. Karl Barth, Johannes Schlingensiepen und Martin Niemöller zählten zu den prominenten Gästen im Haus. Ihre Zusammenkünfte und die Hilfe für jüdische Mitbürger blieben der Gestapo verborgen.

Selbst das separat stehende Gärtnerhäuschen hat Tradition, es diente eine Weile als Privatschule, in der unter anderem Johannes Rau und Kurt Drees Unterricht erhielten.

Ihren Höhepunkt erlebte die Villa am 17. August 1945 , als sich im Herrenzimmer Robert Pferdmenges, Gustav Heinemann und andere evangelische Christen über die Fortsetzung ihrer politischen Ideale Gedanken machten. Dass sich die Zentrumspartei, die sie reanimieren wollten, von der stärker rechts ausgerichteten CDU absetzte, gehört heute nur noch zu den Randnotizen christlich-demokratischer Politik.

Nach dem Tod des Ehepaars Halstenbach zogen in den späten 60er Jahren Studenten als Mieter in die Villa ein. Die Anerkennung als Baudenkmal im Januar 1985 bewahrte das Haus davor, von Wohnsilos verdrängt zu werden. Seit 1980 sind die Räume in Eigentumswohnungen und Apartments verwandelt, während die Stadt im hinteren Teil des Parks ein Altenheim baute.