Leben im Denkmal Leben im Haus des Goldmark-Millionärs
Das Haus des ehemaligen Fabrikanten Otto Dahl hat es Oswald und Anna Lukaszko angetan.
Langerfeld. Dahler Straße, Dahler Berg - in Langerfeld erinnert vieles an den Leder- und Lackfabrikanten Otto Dahl. Ihm gehörte damals das ganze Viertel. Es wird sogar erzählt, er sei einer der ersten Goldmark-Millionäre Deutschlands gewesen. Doch während andere Industrielle in Wuppertal prunkvolle Villen mit Säulen und Türmchen bauen ließen, begnügte sich der bescheidene - oder geizige? - Otto Dahl mit einem schlichten Haus an der heutigen Straße Höfen 82.
Die Familie Lukaszko hat es vor fünf Jahren gekauft. „Wir haben uns sofort verliebt — das war das Haus, das wir lange gesucht hatten“, erzählt Diana Lukaszko. Wobei das Haus zwar noch den alten Charme ausstrahlt, jedoch vieles im Laufe der Jahre verändert wurde.
Dahl ließ es 1890 für seine Familie als herrschaftlichen Wohnsitz errichten; im Erdgeschoss befanden sich damals die Schlafräume, im Obergeschoss der weitläufige Salon und die Küche, unter dem Dach Dienstmädchenzimmer.
Jetzt sind die gut 300 Quadratmeter auf drei Wohnungen aufgeteilt. „Wir haben erst einmal viel renoviert - die Fassade gestrichen, eine neue Heizungsanlage einbauen lassen, den verwilderten Garten hergerichtet“, berichtet Oswald Josef Lukaszko. Seine Familie wohnt jetzt im ersten Stock. Über eine Wendeltreppe geht es zu weiteren Räumen im Anbau des Gebäudes.
Den großen Salon mit 60 Quadratmetern mussten die neuen Besitzer teilen - der Sohn sollte auch ein passendes Zimmer bekommen. Er residiert jetzt mit Glasfront zum Garten hinaus. „Früher war dort eine Terrasse“, sagt Lukaszko. Im Wintergarten darunter hatte Otto Dahl sein Arbeitszimmer.
Erhalten sind davon noch viele alte Papiere und Bücher. „Vermögens-Buch ¼ 1918“ steht etwa darauf. Darin sind akribisch in wunderbarer Handschrift Zahlenkolonnen eingetragen. In einer anderen Mappe sind Rechnungen versammelt.
Manche Firmen und Namen kennt man heute noch: Holz Richter, Friedrich Sauerbruch. „Wir wissen sogar, was Ottilie Dahl für ihre Bekleidung ausgegeben hat“, sagt Diana Lukaszko schmunzelnd.
Die Polizei-Behörde gab 1915 die Erlaubnis, einen Rohhäute-Schuppen zu bauen. „Es gibt eine Menge Pläne - aber es ist nicht alles davon umgesetzt worden“, haben die Besitzer recherchiert.
Mit Original-Siegel genehmigt das Amt Langerfeld Kreis Schwelm eine Bach-Überwölbung - die Schwelme lief damals direkt neben dem Haus entlang — hinter dem diverse Fabrikgebäude standen und stehen. Heute arbeitet dort ein Kfz-Mechaniker.
Von 1893 existieren noch Baupläne für ein solches Gebäude und fein gezeichnete Pläne für Lackieröfen. Eine alte Karte zeigt, wie die Höhne 1873 aussah. Ein Geschäft wirbt auf einer Doppelkarte mit Bild für Mustertapeten für das Wohn- oder Herrenzimmer.
Wie die Wohnräume zu Dahls Zeiten aussahen, können die heutigen Bewohner nur vermuten. Die hohen Decken wurden irgendwann abgehängt. „Als wir letztes Jahr einen Wasserschaden hatten, entdeckten wir, dass unter den Decken toller Stuck ist“, erzählen die 49-Jährigen.
Diesen freizulegen und zu renovieren, sei jedoch unbezahlbar. Über das Original-Parkett hat ein früherer Besitzer einfach Estrich gegossen und Marmorboden gelegt. „Das Parkett ist wahrscheinlich kaputt“, bedauert Lukaszko. Wo bei Dahls die Küche mit ihrem runden Fenster war, duschen heute die Lukaszkos in einem großzügigen Badezimmer.
Nur die Eingangshalle mit ihrer breiten Marmortreppe erinnert noch an frühere Zeiten. In zwei Nischen standen wohl einmal Skulpturen. An die Wände hat Lukaszko alte Bilder in Goldrahmen gehängt, die er auf Trödelmärkten und im Internet zusammengetragen hat.
Weiter oben erinnern alte Dokumente und Zeitungsausschnitte an die Familie Dahl. So hängt dort ein Artikel von 1987 aus der Westdeutschen Zeitung, in dem WZ-Redakteur Andreas Boller über die Rekord-Ballonfahrt von Alexander Dahl berichtet. Diesem war aus 1100 Metern Höhe erstmals ein Foto der Erdkrümmung gelungen. Auch er wohnte viele Jahre in diesem Haus.