Führung durch die Begegnungsstätte: Persönliche Schicksale im Fokus

Eine Dauerausstellung zum jüdischen Leben.

Elberfeld. Unter dem Titel „Tora und Textilien“ beherbergt die Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal seit 2011 die Dauerausstellung zum jüdischen Leben in Wuppertal und der Region. Hier geben Zeitzeugenberichte, alte Briefe aus dem Konzentrationslager in Auschwitz, Kennkarten und Familienfotos der vertriebenen und ermordeten Juden Auskunft über ihr Schicksal. Neben Elberfeld und Barmen finden sich hier auch Exponate aus Schwelm, Remscheid, Ronsdorf, Lennep, Solingen-Ohligs, Velbert und Neviges.

Aus nackter Angst und Verzweiflung schickten damals Eltern ihr Kinder von Wuppertal nach Großbritannien. Andere Staaten nahmen kaum noch Flüchtlinge auf. Die britische Regierung ging den Kompromiss ein, wenigstens Kindern und Jugendlichen Asyl zu gewähren. „Das war eine hochpolitische Entscheidung“, sagt Ulrike Schrader, Leiterin der Begegnungsstätte. Denn 1936, zwei Jahre zuvor, hatten die Briten die Einwanderung der Juden vorerst gestoppt.

Besonders anschaulich sind die Modellbauten von Synagogen aus Barmen, Elberfeld, Solingen und Schwelm im Maßstab 1:50. Detailgetreu spiegeln sie die alten Synagogen in ihrer vollen Pracht wieder, bevor sie den Novemberpogromen zum Opfer fielen. Die Barmer Synagoge etwa war ein imposanter Bau von 1897 im maurischen Stil mit 40 Meter hohem Turm mit zwiebelförmiger Kuppel und vergoldetem Stern. „Wir nennen das die Trotzphase des Judentums“, sagt Schrader. Gemeint sei damit, dass sich Juden als deutsche Bürger verstanden und von der Gesellschaft auch als gleichberechtigt anerkannt werden wollten. „Mein Vater war damals Vikar“, erzählt Besucher Karl Martin Heinemann. „In der Pogromnacht war er hier ganz in der Nähe der heutigen Begegnungsstätte in einer Kirche und hörte, wie draußen die Sturmabteilung der NSDAP vorbeimarschierte.“

Später einmal habe der Vater von der unvorstellbaren Angst in dieser Nacht erzählt. „Die Trümmer der Elberfelder Synagoge sah er erst später in dieser Nacht. Er war damals 26 Jahre alt und zutiefst schockiert, zu was Menschen fähig sind“, erzählt Heinemann. Denn die Ausschreitungen gegenüber Juden nahmen in dieser Nacht überhand.

Wo viele Juden in den Jahren zuvor noch Hoffnung auf einen baldigen Regierungswechsel gesehen hatten, flüchteten noch im selben Jahr insgesamt 48 000 Juden aus Deutschland. Im folgenden Jahr waren es beinahe 80 000, die sich kurz vor den Ausreiseverboten in Sicherheit brachten.