Was ist da los? (1): Idylle rund um die Talsperre
Das Bauwerk lockt Erholungssuchende aus der ganzen Region an.
Ronsdorf. Der Weg hinab zur Talsperre liegt verlassen da an diesem Sonntagmittag. Der Asphalt ist an einigen Stellen dunkel, an anderen hell — in der Nacht hat es geregnet, die warmen Sonnenstrahlen konnten die dicht bewachsenen Baumwipfel noch nicht ausreichend durchdringen, um die Straße zu trocknen. Ein Geruch von feuchtem Waldboden hängt in der kühlen Luft. Durch das lichtbefleckte Grün der Bäume flüstert der Wind, ein langgezogenes Fiepen ist zu hören. Ein Vogel. Hinter der ersten Wegekurve taucht eine ältere Dame auf. Sie grüßt mit einem freundlichen „Hallo“.
Auf der Bank, die Ankömmlingen eine Erholungspause bietet, sitzen zwei Menschen. Sie tragen Sportkleidung, der Mann bindet sich die Schnürsenkel fest zu, die Frau hält ihr Gesicht in die Sonne. Carsten Böhm und Ingrid Henningheuser heißen die beiden Remscheider, die fast täglich an einen der Ausflugspunkte im Gelpetal kommen, um zu joggen, zu wandern, zu spazieren oder Fahrrad zu fahren. „Wir bewegen uns gern, wann immer es unsere Zeit zulässt“, sagt Böhm.
Die Staumauer ist gut besucht. Fetzen von Gesprächen werden durch die Luft getragen, mehr Vogelstimmen sind zu hören, diesmal als Gesang.
Von der Rückseite der Staumauer reiht sich ein Plätschern in die Geräuschkulisse ein. Es stammt von einer Fontäne, die aus einem kleinen See an der Staubecken-Rückseite entspringt. Dann ertönt ein „Plopp“: Gegenüber blickt Philip seinem soeben geworfenen Kieselstein nach, dessen Auftreffen größer werdende Kreise auf die Wasseroberfläche zeichnet.
Der Siebenjährige rennt los, gefolgt von seiner Schwester Mia (5), um noch mehr Steine zu sammeln. „Ich bin hier aufgewachsen“, erzählt Vater Stefan Wittenberg, der mit seiner Partnerin und seinen beiden Steinwurf-Profis zu einem Spaziergang an die Talsperre gekommen ist. „Früher habe ich hier selber Steine ins Wasser geworfen. Im Winter sind wir Schlittschuh gelaufen, im Sommer geschwommen - obwohl das natürlich nicht erlaubt war“, gesteht der Wuppertaler.
Auch andere nutzen den freien Tag, um in der friedlichen Idylle zu entspannen. Etwa Elberfelderin Ramona Schoeler mit Mann Christian und Sohn Joel: „Das ist der totale Wow-Effekt“, beschreibt die 34-Jährige ihren Eindruck. Joel ist erst 13 Monate alt, scheint den Ausflug aber trotzdem aus seinem Kinderwagen heraus zu genießen. Immer wieder schaut er um sich, beobachtet die Beine von Spaziergängern. Etwa 90 Schritte sind es bis zum Türmchen in der Mitte der Staumauer.
Ein Mann schildert seinem Enkel, dass das imposante Bauwerk, das 1898 und 1899 als sechste Trinkwassertalsperre in Deutschland erbaut wurde, heute ein Kulturdenkmal ist. Nebenbei wird Strom gewonnen.
Eine Gruppe beratschlagt an einer Tafel über den besten Wanderweg. Sie entscheiden sich für eine Route über Speckhämmerchen, Jansen- und Kremerskotten. An der Staubeckenseite, halb versteckt, liegt ein Pärchen im Gras, auf einer Decke, eng aneinander geschmiegt, die Augen geschlossen. Eine Spinne webt ihr Netz am Metallgeländer, nutzt eines der dort von Liebenden angebrachten Schlösser als Ankerpunkt - und genießt im Anschluss möglicherweise den Ausblick auf Wald und Ufer, an dem das Gelb der Sumpfdotterblumen einen schönen Kontrast zum grünen Gras bildet, und für den nicht nur Wuppertaler den geschwungenen Weg herabsteigen, um an der Talsperre eine Zeit lang ganz in sich zu gehen.