Serie 90 Jahre in Wuppertal „Die Fusion mit dem WSV war ein katastrophaler Fehler“

Wuppertal · Michael Busch hält die Erinnerung an die turbulenten Jahre der Borussia vom Ölberg wach.

 Frank Klemmer trifft zum 1:0 für den WSV in einem von vier Oberliga-Derbys gegen den SV Borussia.

Frank Klemmer trifft zum 1:0 für den WSV in einem von vier Oberliga-Derbys gegen den SV Borussia.

Foto: WZ/Keil, Kurt

An der Nevigeser Straße haben die Raupen und Bagger ganze Arbeit geleistet. Nicht mehr viel erinnert daran, dass dort einmal die sportliche Heimat der Vereine Germania 07, SV Borussia Wuppertal und zuletzt der Jugendspieler des Wuppertaler SV gewesen ist. Wenn Michael Busch an der Großbaustelle Nevigeser Straße vorbeifährt, wo ein Lidl-Markt und eine Vierfach-Sporthalle entstehen sollen, dann blutet ihm das Herz. Schließlich hat „die Gazelle“ lange Jahre selbst dort auf Asche und Kunstrasen gekickt. Bei einem Verein, der in der Stadt einen legendären Ruf genießt, denn Borussia - das war immer ein Hauch von St. Pauli und Hollywood. Und die Geschichten, über die man am Montag in der Wuppertaler Fußballszene sprach, die spielten sich oft nicht auf dem Fußballfeld, sondern in der „dritten Halbzeit“ im Umfeld des Ölberg-Klubs ab.

„Ich bin als Vorsitzender des SV Borussia bis heute im Vereinsregister eingetragen, auch wenn der Spielbetrieb nach der Neugründung 2013 nicht wieder aufgenommen wurde“, sagt Michael Busch und denkt mit Wehmut an die Jahre zurück, als die Borussen die Wuppertaler Fußballszene aufmischten und in der damals viertklassigen Oberliga Nordrhein selbst Traditionsvereine wie den Wuppertaler SV und Fortuna Düsseldorf das Fürchten lehrten.

Mit einer Fusion begann die Geschichte der Borussia und mit einer Fusion wurde ihr Schicksal besiegelt. 1976 schlossen sich die Platzherren von Germania 07 und der VfL Wuppertal zusammen. Die Germania brachte das Geld und den Sportplatz in die Ehe und der VfL vor allem starke Spieler wie Boss, Bergmann und Winter.

1980 stieg der SV Borussia in die Bezirksliga ab. Ein Punkt in Wülfrath hätte zum Klassenerhalt gereicht, aber Schiedsrichter-Legende Wolf-Dieter Ahlenfelder pfiff die Partie in der 85. Minute beim Stand von 1:2 ab, weil er offenbar das Gefühl hatte, dass beide Mannschaften zielgenau auf ein 2:2 zusteuerten. „Wollt ihr mich verschaukeln?“, soll er beim Weg zur Kabine gesagt haben.

Für die Borussen war die Bezirksliga nur ein Ausrutscher. Weiter ging es in den wilden 1980er- und 1990er-Jahren mit Trainern wie Vitus Sauer, Klaus Comel, Peter Drenks und Holger Fach (bei seiner ersten Trainerstation) und Spielern, die mitten im Leben standen. Möglich machte dies ein Sponsor, der Ex-Profis wie Dieter Lömm und Jonny Hey mit langjährigen Verträgen ausstattete. „Eine Zeitlang sind wir mit Champagner-Werbung von Heidsieck aufgelaufen und entsprechend gut waren wir versorgt. Alle, die man in der Stadt kannte, gingen zur Borussia - da war immer ein bisschen Milieu“, sagt Busch. Vor einem Spiel gen die zweite Mannschaft von Rot-Weiss Essen ritt Trainer Peter Drenks auf dem Kamel von Zirkus Sarrasani über den Platz. Werner Boss, der ebenfalls über besondere Methoden zur Motivation verfügte, schaffte mit den Borussen den Aufstieg in die Verbandsliga.

„Richtig erfolgreich wurden wir in den 1990er Jahren, als unter Sponsor Gerhard Bornemann, Trainer Alfonso del Cueto und Hans-Gerd Krieger ein Team mit vielen starken Spielern aus Westfalen aufgebaut wurde.“ Nach dem Aufstieg der Borussen in die Oberliga Nordrhein und dem Zwangsabstieg des WSV kam es in den Spielzeiten 2001/2002 (3. Platz) und 2002/2003 (5.) zu Derbys auf Augenhöhe. Als der WSV dem Aufsteiger die Benutzung der Anzeigetafel verbat, stellten die Borussen eine Holztafel hinter das Tor.

„Die 3. Liga war finanziell für uns nicht drin“, sagt Michael Busch. Es folgte der Zusammenschluss zum Wuppertaler SV Borussia nach einstimmigem Vorstandsbeschluss und bei sieben Gegenstimmen im Verein. „So wurden wir zum größten Sponsor, den der WSV jemals hatte, denn wir haben die Sportanlage Nevigeser in die Ehe eingebracht, ohne die der WSV heute kein Jugendzentrum im Stadion am Zoo hätte. Im Rückblick muss ich sagen, dass der Zusammenschluss ein katastrophaler Fehler war, denn der SV Borussia ist von der Fußball-Landkarte verschwunden.“

Am 24. Mai 2013 wurde Name Borussia aus dem Vereinsnamen des Wuppertaler SV gestrichen. Michael Buschs Versuch, den Verein SV Borussia wiederzubeleben, scheiterte an einem fehlenden Spielort. „Wir hatten eine Mannschaft zusammengestellt, aber die Stadt hat eine Zusage, dass wir neben dem WSV die Nevigeser Straße nutzen dürfen, wider zurückgezogen. Wir sollten auf die Kaiserhöhe ziehen, aber das geht für den SV Borussia nicht.“