Tangofieber an der Wupper
Das Festival „Tango de Mis Amores“ band das Wupperufer in die Inszenierung mit ein.
Arrenberg. Dass „Nada“ (zu deutsch „Nichts“) ein Höhepunkt sein kann, das erlebten die Besucher des dreitägigen Festivals „Tango de Mis Amores“ am Wupperufer in Höhe der Simonsstraße. „Nada“, auf der in die Wupper gebauten Bühne meisterhaft inszeniert von Tango-Theater-Chefin Dona Piedra und Ricardo „El holandes“, zog das große Publikum in seinen Bann.
Die Kulisse hinter der Bühne auf zwei Ebenen bildete die Rückseite eines ehemaligen Fabrikgebäudes, das auf faszinierende Weise in die Handlung einbezogen wurde. Die Fenster wechselweise geisterhaft bunt beleuchtet, die Fassade eine Kletterwand, vor der Dona Piedra und ihr Partner, nur durch Seile gesichert, nebeneinander und in verschiedenen Höhen hin und her schwingen, ohne sich zu treffen. „Desencuentro“ („Nicht treffen“) heißt die eindrucksvolle Szene.
Die unerfüllte Liebe eines zum nun leerstehenden Haus seines Jugendschwarmes heimkehrenden alten Mannes ist nämlich das große Thema des Tanztheaters, das die Stationen beider Leben und ihre Gedankenwelt beleuchtet.
Es beginnt, damit dass ein wunderlicher, hüftlahmer Greis (verkörpert durch Pino Popolo) durch die Zuschauerreihen am Wupperufer irrt und die erotischen Versäumnisse seiner Jugendjahre beklagt. Was am Samstag zu unfreiwilliger Komik führte, denn ein von einem Besucher mitgebrachter großer schwarzer Schnauzer zeigte Mitgefühl, indem er die brüchige Altmännerstimme mit lautem Gebell unterstützte.
Durch den von einer Schamanin mittels geheimnisvoller Rufe und vernehmliches Trommeln gereinigten Fluss watet nun ein junger Mann zur Angebeteten am gegenüber liegenden Ufer. Die tanzt mit ihm und anderen Verehrern (unter ihnen neben Armin Arabi auch Bernd Uwe Marszan, der seine Tanz-Theater Erfahrung bei Pina Bausch gesammelt hat) hinreißend den „Tango Mis Amores“. Gebannt lauschen die Besucher auch dem melancholischen a-capella-Gesang von Pablo Banchero, der der eigentümlichen Atmosphäre am lauen Sommerabend ein besonderes Flair vermittelt.
Die Wupper spielt in den Schluss-Szenen eine Hauptrolle, als nämlich die großartige Dona Piedra auf einer festlich gedeckten Tafel im Wasser tanzt und das Geschirr nonchalant in die Fluten kickt, worauf es zu einem wilden Handgemenge mit ihrem unerhörten Liebhaber kommt, an dessen Schluss beide im kühlen Nass landen.
Lang anhaltender Applaus belohnt das Ensemble für einen bemerkenswerten Abend, der dann noch nicht zu Ende ist. Denn vor Beginn des Stücks gab es für Besucher einen „Tango-Crash-Kurs“ durch Christine Träger und Achim Hellmann. Das Erlernte ließ sich je nach Wunsch bis ins Morgengrauen umsetzen, während die Wupper weiter leise vor sich hin plätscherte.