Tatort Wissenschaft: Uni rückt die eigenen Regeln ins Blickfeld
Absichtliche oder unabsichtliche Verstöße gegen wissenschaftliche Regeln wurden in einer Ringvorlesung analysiert.
Wuppertal. Will man derjenige sein, der hinterhältig oder zumindest berechnend die Butter vom Brot nimmt, oder bleibt man aus moralischer Betretenheit stets der Kontrahent mit der trockenen Schnitte in der Hand? Die Frage, die sich letztlich jedem Menschen stellt, zieht ihre Kreise in die Wissenschaft und beschäftigte auch die Referenten der Ringvorlesung „Tatort Wissenschaft: Ist wissenschaftliches Fehlverhalten unvermeidbar?“ an der Bergischen Universität.
Nach dem Start mit „Foppen, Fälschen und Frisieren“ im November 2013 endete der Reigen mit einer Diskussionsrunde. „In Neugier steckt auch das Wort Gier“, mahnte der Bonner Professor Wolfgang Löwer und sezierte die Triebfedern moralischer Fehltritte oder Fehlgriffe: Dollarzeichen, persönlicher Ehrgeiz, aber auch die Sorge um die Drittmittelquote, aus der Abhängigkeit erwachse.
Lambert T. Koch, Rektor der Bergischen Universität, unterschied säuberlich nach beabsichtigtem und unbeabsichtigtem Fehlverhalten. Wenn das eine vielleicht durch härtere Kontrollen und Sanktionen einzudämmen sei, so bleibe doch das andere, das einfach so geschehe, etwa auf der Grundlage einer mangelhaften Ausbildung, und das sich auch nicht unterbinden lasse. Eine wahre Ranking-Manie fördere zudem die Bereitschaft, wissenschaftliche Arbeiten auch dann zu publizieren, wenn sie noch auf schwachen Füßen stünden. Die Publikationsmenge sei schließlich mitbestimmend für die Besoldung.
Dass zumeist zwei Seelen in einer wissenschaftlichen Brust wohnen, zeigte der Wuppertaler Professor Martin Ohst am Beispiel der literarischen Gestalten Felix Werner und Magister Knips auf. Der eine, in selbstlose Suche vertieft, fällt am Ende auf das gefälschte Manuskript des anderen herein, der mangels Qualitäten sogar „ungeschickt genau“ kopiert. Zuschauer riefen das Copy and Paste-Verfahren in Erinnerung, ohne das viele Bachelor- und Master-Abschlüsse nicht gelingen. Da dürfe es nicht weiter erstaunen, dass Studierende das Grauen überfalle, wenn in einer Dissertation plötzlich andere Regeln gelten. Die Irritation darüber hat klingende Namen: Karl-Theodor zu Guttenberg, Annette Schavan, Silvana Koch-Mehrin.