Aktion gegen Rechts Tausende zeigen in Wuppertal klare Kante

WUPPERTAL · Fast 10 000 Menschen nahmen an der Demonstration des Bündnisses „Wuppertal stellt sich quer“ teil

Fast 10 000 Menschen kamen zur Demo. Foto: Andreas Fischer

Foto: Andreas Fischer

Von Alina Komorek

-1 Grad Celsius, 13 Uhr, fast 10 000 Menschen –. doch was sich bei der Demonstration gegen die AfD, gegen Rechtsextremismus und Rassismus am Samstag vor dem Wuppertaler Hauptbahnhof nicht in Zahlen ausdrücken lässt, sind die Stimmung, der Zusammenhalt über Generationen, Parteien und Einstellungen hinweg, und dass alle geschlossen gegen Rechts auf die Straße gehen. „Die Brandmauer gegen Rechts müssen wir sein – wir zusammen“, lautet einer der ersten Sätze, die über den Döppersberg hallen.

„Wuppertal stellt sich quer“ heißt in diesem Falle nicht nur der Initiator der Veranstaltung, sondern gleichzeitig ist dies an diesem wunderschönen Wintertag auch die Überschrift der Demonstration. Denn aus dem ganzen Tal, von den Höhen und den umliegenden Städten wie Remscheid und Solingen, aber auch aus dem Kreis Mettmann sind Protestierende angereist. Sie wollen zeigen, dass sie sich gegen die hohen Umfragewerte der AfD, gegen das Erstarken der Rechten in Deutschland, gegen den Faschismus, den Rechtsextremismus, den Rassismus stellen. Vor allem nach dem, was die Correctiv-Recherche zum „Geheimplan gegen Deutschland“ in die Öffentlichkeit gebracht hat. Geschlossen gegen Rechts – auch der Verzicht auf Nationalflaggen wird beachtet, denn der Veranstalter erklärt: „Nationalflaggen trennen, und wir wollen Gemeinsamkeit.“

Und so sind alle gemeinsam laut, lauschen mehr als eine Stunde lang den Kundgebungen auf dem Platz vor dem Hauptbahnhof, ziehen über die Morianstraße und den Neumarkt, über die Kasinostraße und auf der B7 zurück zum Döppersberg, stimmen gemeinsam Rufe an wie: „Gib mir ein A, gib mir ein f, gib mir ein D – was ist das?“, worauf es nur eine Antwort geben kann: „Scheiße!“ Dass das Tal aufstehen muss, dass Deutschland aufstehen muss, um zu sagen: „Nicht mit uns“, wissen nicht nur die Sprecherinnen und Sprecher, die von der Mauer am Döppersberg den Blick über Tausenden Demonstrierenden haben, sondern eben auch alle, die an diesem Tag aufgestanden sind, um zu zeigen, dass sie mit dem, was die AfD tut und will, so überhaupt nicht einverstanden sind.

Phyllis Quartey von der Initiative „Decolonize Wuppertal“ erklärt unter dem Jubel der versammelten Menschen am Döppersberg: „Die AfD ist nicht mein Freund. Die AfD hat etwas gegen Menschen mit Behinderung, gegen Menschen, die schwarz sind, gegen Frauen. Aber wisst ihr was?“, fragt Phyllis Quartey und gibt auch gleich die Antwort: „Meine Stimme bekommen die nicht! Und so wie ich das sehe: Wuppertal hasst die AfD!“ Woraufhin Tausende Menschen zustimmen mit Jubel und Rufen.

Ein Sprecher des Bündnisses „Passt uns allen“ berichtet von seiner Kindheit, in denen er immer wieder Erfahrungen mit Rassismus machen musste, und erklärt in Bezug auf die neuesten Correctiv-Recherchen: „Selbst deutsche Pässe schützen uns vielleicht irgendwann nicht mehr.“ Er nennt eine Zahl: 42 Prozent. 42 Prozent der Wuppertaler Bevölkerung haben einen migrantischen Hintergrund. „Das heißt, in jedem Haus gibt es mindestens einen Namen, der nicht ,biodeutsch‘ klingt – und diese 42 Prozent leben in Angst.“ Sein Aufruf, für den er laute Zustimmung bekommt, heißt daher: „Lass uns diese Stadt weiterhin lebenswert für alle halten.“

Und eine weitere Sprecherin, Barbara von den „Omas gegen Rechts“ aus dem Kreis Mettmann, fasst sich kurz, da nach einer Stunde für Kundgebungen Rufe nach dem Beginn des Demozuges lautwerden. Sie singt auf die Melodie der „Ode an die Freude“ allein ins Mikrofon: „Unser Land bleibt demokratisch, europäisch, vielfältig!“, wofür sie auch bei wesentlich jüngeren Teilnehmern Komplimente erntet. Auf dass es auch in Wuppertal bald „Omas gegen Rechts“ gibt.

Auf dem anschließenden Demozug wird dann nicht nur diese Generation, sondern auch die jüngste laut gegen Rechts: „Keiner mag Faschisten“, weiß schon ein etwas dreijähriges Kind auf den Schultern seines Vaters, worauf dieser erklärt: „Sie hat‘s verstanden.“