Gewerbe Wuppertaler Taxifahrer: „Wir haben Umsatzeinbußen von bis zu 75 Prozent“

Wuppertal · Die Corona-Epidemie trifft das Taxi-Gewerbe schwer. Erste Fahrer bleiben aus Angst zu Hause.

Deniz Yildiz und Nico Höttges (v.l.) vom Vorstand desinfizieren ihre Taxis.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Die Corona-Krise hat auch das Wuppertaler Taxi-Gewerbe erreicht. Nico Höttges vom Vorstand der Taxizentrale teilte der WZ mit: „Wir haben Umsatzeinbuße von bis zu 75 Prozent.“ Von Tag zu Tag nehme die Zahl der Kunden ab. Gerade in der Nacht sei nichts mehr los. „Es hat ja nichts mehr geöffnet, wozu soll man da noch rausfahren?“, fragt Höttges.

Es ist 12 Uhr am Taxistand neben dem Hauptbahnhof. Yadollah Khalaf wartet mit einem Tablet-Computer auf seinem Schoß im Auto. „Ich stehe hier seit 9.30 Uhr. Bislang hatte ich noch keinen einzigen Fahrgast“, sagt der Unternehmer. „Ich fahre gleich einfach nach Hause.“ Der Selbstständige hatte zwei Fahrer, die seit der Corona-Krise nicht mehr hinterm Steuer saßen. „Ein Mitarbeiter hatte eine Herz-OP. Der möchte jetzt natürlich nicht mehr fahren“, sagt Khalaf. Unabhängig davon könne man sich in Zeiten des Mindestlohns aber auch keine Mitarbeiter mehr leisten, wenn der Wagen die allermeiste Zeit stillsteht.

Die WZ wollte von Khalaf wissen, ob er sich nicht selbst Sorgen um seine Gesundheit mache. Er lächelt. „Ja, ein bisschen. Wir können ja nicht so gut Abstand halten wie andere Leute. Wir sagen schon immer, dass die Fahrgäste hinten einsteigen sollen.“ Yadollah Khalaf ist 70 Jahre alt.

Hüseyin Karahan lehnt an eine Wand und raucht eine Zigarette. „Seit zwei Stunden kein einziger Fahrgast. Schauen Sie doch, was hier los ist“, sagt der 55-Jährige und zeigt auf den Döppersberg, der im Gegensatz zu einem normalen Werktag wie ausgestorben wirkt. Wirtschaftlich ist das für den Unternehmer eine Katastrophe. „Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll. Die Krankenkasse, das Finanzamt, mein Vermieter - die wollen ja alle Geld“, sagt Karahan. Bislang habe er für den Monat nicht einmal annähernd genug eingefahren, um seine Kosten zu decken. Nico Höttges weiß, dass das kein Einzelfall ist. Er sagt: „Viele haben Existenzängste.“

Von den 201 zugelassenen Taxen in Wuppertal waren zuletzt nur noch 123 auf den Straßen unterwegs. Höttges erklärt: „Einige Kollegen haben Angst und sind verunsichert.“ Um sich zu schützen, würden viele Fahrer mit Feuchttüchern arbeiten. Die Taxizentrale hat darüber hinaus Desinfektionsmittel bestellt, das am Wochenende geliefert wurde.

Taxiunternehmer wollen nun
mehr auf Botenfahrten setzen

Alle Taxifahrer dürfen nicht gleichzeitig ihre Arbeit einstellen. Höttges sagt: „Grundsätzlich hat ein Taxi-Unternehmen eine Betriebspflicht. Von der kann man sich allerdings auch entbinden lassen.“ Er wisse von einem Kollegen, der das bereits getan hat. Bislang gab es in Wuppertal - im Gegensatz zu anderen Städten - keinen Dienstplan, weil stets gesichert war, dass immer genug Kollegen im Einsatz sind. Höttges glaubt, dass das jetzt gegebenenfalls überdacht werden muss: „Vielleicht müssen wir jetzt einen Dienstplan erstellen.“

So könne sichergestellt werden, dass beispielsweise alte Menschen, die dringend zum Arzt müssen und dafür nicht in den Bus steigen wollen, weiterhin mobil bleiben.

Die Fahrgäste, die weiterhin aufs Taxi angewiesen sind, seien momentan besonders auf gegenseitige Rücksichtnahme aus, berichtet Höttges. Die Leute seien herzlicher. „Wir hören immer wieder bei der Verabschiedung: Passen Sie auf sich auf. Bleiben Sie gesund.“

Eine Chance sieht die Taxizentrale darin, eine Dienstleistung jetzt aktiv zu bewerben, die bislang nur von wenigen Kunden genutzt wurde: Botendienste. Laut Höttges könne man die Taxifahrer auch zum Einkaufen schicken. „Zehn Brötchen, Zahnpasta und Toilettenpapier - wenn verfügbar - das bringt Ihnen der Fahrer mit“, sagt Höttges. Er hofft, dass dieses Angebot in die Zeit passt und die Branche zumindest aus den tiefroten Zahlen retten kann.

Viele Kollegen suchten auch bereits andere Auswege. Erste Taxiunternehmen hätten schon Kurzarbeit beantragt, andere informierten sich über die Möglichkeiten, einen Kredit aufzunehmen.

Hüseyin Karahan nimmt einen letzten Zug aus seiner Zigarette. „Kredit? Wie soll ich das zurückbezahlen?“ Auch von ihm wollen wir wissen, ob er sich denn nicht um seine Gesundheit sorge. „Sterben müssen wir doch alle“, sagt Karahan und lacht bitter. Dann wird er wieder ernst. „Was soll ich machen? Ich kann ja nicht zu Hause bleiben.“