Tiefer in die Geschichte eintauchen
Das Stadtarchiv und das Bergische Kolleg haben einen Kooperationsvertrag unterschrieben. Beide Seiten profitieren.
Barmen. In den Räumen des Stadtarchivs wurde gestern ein Kooperationsvertrag zwischen den Bildungspartnern Stadtarchiv und Bergisches Kolleg unterzeichnet. Die Unterschrift leisteten Archivleiter Thorsten Dette und der Schulleiter des Bergischen Kollegs, Michael Wlochal. Das Bergische Kolleg ist ein Weiterbildungsinstitut, in dem Menschen über 20 Jahre auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur oder die Hochschulreife erwerben können.
Und diese jungen Damen und Herren sahen die Unterzeichnung mit großer Freude, denn es erleichtert ihnen ihr derzeitiges Studienprojekt, die „Revolution 1918/19“, bei dem sie in alten Unterlagen und Folianten stöbern und forschen können. „Die Arbeit hier ist auch relevant für die Abiturnote“, erinnert Schulleiter Michael Wlochal. „Es ist ganz etwas anderes, als in Schulbüchern zu lesen, was damals passierte“, so Schülerin Lisa Wever. „Das sind Original-Dokumente. Das atmet wirkliche Geschichte. Da bemerkt man, dass tatsächlich menschliche Schicksale hinter den Dokumenten standen.“
Allerdings sind die „antiken“ Schriften keine ganz so leicht verdauliche Lektüre. Da es am Anfang des 20. Jahrhunderts noch keine Schreibmaschinen gab, wurden die alten Standesamtsbände und andere Akten mit der Hand ausgefüllt. In der damals üblichen Sütterlin-Schrift, was zwar ein ästhetisch erhebender Anblick ist, denn die Ämter beschäftigten ausgebildete Schreiber. Doch für die Menschen des 21. Jahrhunderts ist die Schreibart kaum lesbar. „Die alten Handschriften zu entziffern, haben wir erst in einem Lesekurs lernen müssen“, erklärt Monika Bieniek, die aber — wie auch ihre Mitstudierenden — mit Feuereifer bei der Sache ist, wenn es gilt, sich die damalige Zeit ins Bewusstsein zu rufen.
Wobei es wohl der Geschichtslehrerin des Bergischen Kollegs, Beatrix Burghoff, zu verdanken ist, dass diese Begeisterung entfacht worden ist. Beatrix Burghoff war es auch, die die vertragliche Verbindung zwischen Stadtarchiv und Bergischem Kolleg angeregt hatte. „Von diesem Vertrag profitieren beide Seiten“, so Archivleiter Thorsten Dette. „Die jungen Menschen können auf unsere Quellen und Original-Dokumente zurückgreifen, und wir haben hier deutlich mehr Publikum und rücken ein wenig mehr in den Blickpunkt der Wuppertaler Öffentlichkeit.“
Das dürfte vornehmlich im Januar des nächsten Jahres der Fall sein, denn dann planen die Studierenden, die von Thorsten Dette auch in die Geheimnisse der Recherche und der immer mehr in den Mittelpunkt tretenden Datenverwaltung eingewiesen worden sind, zusammen mit den Studierenden der Bergischen Universität und dem Historischen Zentrum unter der Leitung von Reiner Rhefus eine Ausstellung zum Thema „Revolution 1918/19“. Die wird im Elberfelder Rathaus zu sehen sein. Damit auch über dieses Projekt hinaus weiter zusammen gearbeitet wird, wurde diese Bildungspartnerschaft unterzeichnet.
„Unsere Projektteilnehmer können hier forschen und lesen, wenn sie außer dem normalen Kollegbetrieb und dem obligatorischen Geschichtsunterricht Zeit finden. Und wie ich Jennifer Deis einschätze, kommt sie sogar in den Ferien hierhin“, sagt Beatrix Burghof mit Blick auf eine Studentin, die schon lange vor der Vertragsunterzeichnung still in einer Ecke vergilbte Zeitungsbände durchforstete.