Kriminalität Totschlags-Prozess: Streit endete mit einem Stich ins Herz
Ein 19-Jähriger ist angeklagt, einen Bekannten getötet zu haben – das Opfer wurde nachts auf der Straße gefunden.
Mit einer Schere soll der Angeklagte seinen Bekannten getötet haben: Am Mittwoch hat vor dem Landgericht Wuppertal der Prozess wegen Totschlags gegen einen 19-Jährigen begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, im Streit zugestochen und dabei den Tod seines Bekannten (23) in Kauf genommen zu haben. Der junge Angeklagte schweigt. Er werde keine Angaben machen, erklärte sein Verteidiger.
Die Polizei war an 4. Oktober 2020 gegen 4 Uhr morgens alarmiert worden, dass eine hilflose Person vor dem Apartmenthaus an der Irmgardstraße in Barmen liegt – an der Seniorenwohnanlage Am Springer Bach. Eine Bewohnerin des Hauses und ihre zwei Begleiter hatten den Mann auf dem Rückweg von einer Party gefunden.
Am ersten Prozesstag hörte das Gericht vor allem Berichte von Polizeibeamten von der Situation am Tatort. Den ersten beiden Beamten kamen die drei Personen, die die Polizei gerufen hatten, aufgelöst entgegen. Das leblose Opfer fanden sie dann in einer Blutlache, Puls sei nicht mehr zu spüren gewesen. Sie hätten sofort mit einer Herzmassage begonnen und weitere Kollegen angefordert. Erst nach einigem Suchen hätten sie unter der dunklen Kleidung die Verletzung in der Brust gefunden.
Die Besetzung eines Rettungswagens habe sich dann um den Verletzten gekümmert, ihn nach einer Weile ins Krankenhaus gebracht, wobei die Reanimation weiterlief. Im Krankenhaus wurde um 5.10 Uhr der Tod des Mannes festgestellt. In der Anklage heißt es, dass er mehrfach von der Schere getroffen wurde, darunter in die linke Schulter und in die Brust. Der Stich in die Brust traf das Herz und zudem die Leber. Der junge Mann starb am Blutverlust.
Eine Schere als mögliches Tatwerkzeug war den Polizisten am Tatort direkt aufgefallen, denn sie lag nicht weit weg von dem Mann auf dem Boden im Eingangsbereich des Apartmenthauses, hatte Flecken, die wie Blut aussahen. Blut war auch auf der Straße zu sehen. Eine längere Spur aus Bluttropfen habe sich von der Fahrbahn Richtung Wohnhaus bis zu dem verletzten Mann gezogen. Weiter entfernt von dem Opfer gab es eine größere Lache mit Glassplittern eines Parfümflakons.
Ein Kriminalbeamter berichtete, dass bei seinem Eintreffen am Tatort Kollegen bereits einen Verdächtigen im Auto hatten. „Er hat sich gerade gestellt“, habe ihm der Kollege mitgeteilt. Sie brächten ihn jetzt zur Wache. Ein Beamter wusste vom Erzählen, dass sich der Angeklagte einem der Kollegen mit den Worten „Ich war das“ gestellt hatte.
Zeugen berichten von nächtlicher Auseinandersetzung
Der Kripobeamte berichtete, mehrere Zeugen hätten ihm von einem Streit in der Nacht erzählt: Eine Gruppe junger Leute, die an dem Morgen das Haus verließ, habe zunächst keine Auskunft geben wollen. Doch als sie hörten, dass der Verletzte inzwischen gestorben war, hätten sie sich einen Ruck gegeben und berichtet, dass sie in der Nacht Streit gehört haben. Auch die Bewohnerin eines benachbarten Hauses habe ihm erzählt, dass sie in der Nacht zwei laute Männerstimmen gehört hat.
Und dann gebe es einen Bewohner des Apartmenthauses, der zunächst einer Kollegin, dann ihm davon berichtet habe, dass zwei Bekannte am Abend bei ihm in seinem Apartment gewesen seien und sich gestritten hätten. Er habe sie aber weggeschickt, weil er schlafen wollte.
Dieser Hausbewohner habe auch erzählt, dass einer der Kontrahenten im Streit eine Wodkaflasche ergriffen habe. Welcher der Männer das war, könne er sich nicht mehr erinnern. Zu Handgreiflichkeiten sei es in der Wohnung aber nicht gekommen. Spuren einer gewalttätigen Auseinandersetzung seien in dem Einraum-Apartment auch nicht zu sehen gewesen, so der Kripobeamte.
Ihm gegenüber habe dieser Zeuge erklärt, dass er sich nach dem Abschied der Besucher schlafen gelegt und nichts weiter mehr mitbekommen habe. „Der Tenor war: „Ich will meine Ruhe haben.“ Der Vorsitzende Richter wusste aber, dass dieser Zeuge einer anderen Beamtin erzählt hat, dass er den Streit auf der Straße noch vom Fenster aus gesehen, den beiden zugerufen habe, damit aufzuhören. „Bei mir hat er gesagt: ,Hier ist nichts passiert, ich habe auch sonst nichts mitbekommen’“, so der Kriminalbeamte.
Ein Polizist berichtete, dass er das Haus kenne, weil es dort öfter Einsätze wegen randalierender Jugendlicher im Drogenrausch gegeben habe. Der Kripobeamte sagte, sein erster Eindruck sei gewesen, dass das Haus mit vielen Einzelapartments nicht in die ruhige Wohngegend gepasst habe. Er habe zudem den Eindruck, dass dort viele junge Menschen leben, die nachts auch feiern.
Zu weiteren Hintergründen wird das Gericht weitere Zeugen hören. Noch acht weitere Termine sind vorgesehen, ein Urteil ist für den 20. Mai geplant.