Sitzung Under Construction #3 verbindet das Tanzzentrum mit Orten in der Stadt

Bettina Milz stellt in der Ratskommission ihr Konzept für die Vorlaufphase des Pina Bausch Zentrums vor.

Das Motto hängt derzeit nicht mehr am Schauspielhaus, gilt aber unvermindert. Die Kommission regte an, die Plane erneut anzubringen.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Geht es nach Bettina Milz, dann wird das Pina Bausch Zentrum ein „exponierter, zeitgenössischer, zur breiten Teilhabe einladender, offener Ort für Wuppertal und die Kulturlandschaft in Nordrhein-Westfalen mit einem hohen Anspruch an Ökologie und Nachhaltigkeit“. Die neue Koordinatorin und Leiterin der Vorlaufphase (under construction) des künftigen Tanzzentrums stellte am Dienstag in der Ratskommission zur Begleitung und Steuerung des Projektes vor, wie sie bis 2026 einerseits das Thema in der Bevölkerung sichtbar machen, andererseits notwendige Strukturarbeiten voranbringen will. Außerdem ging es in der Sitzung um den Architekturwettbewerb und die Entwicklung der Kosten (siehe Kasten).

Bettina Milz unterteilt die Vorlaufphase in drei Etappen, die den Fokus auf Teilhabe und Kommunikation legen (2022/23), auf Tanzkunst, die sie mit der ersten Spielzeit des neuen Intendanten Boris Charmatz (2023/24) verknüpft, und auf ein Zentrum, das in der Stadt unterwegs ist (2025 bis 2027). Eine Vorlaufphase, die die Mitarbeit möglichst vieler Menschen in der Stadt einbindet und die Aspekte Bewegung, Nachhaltigkeit und Raum berücksichtigt. Bei einem Budget von rund 600 000 Euro im Jahr können Dinge nur erprobt werden. Außerdem erlaube die begrenzte Nutzung des Schauspielhauses (so steht der Bühnenraum gar nicht zur Verfügung) nur eine Art „pop up“-Zentrum und müsse während der Bauphase auf andere Orte in der Stadt ausgewichen werden.

Anfang Mai hatte „Under Construction – underdogs and rolemodels“ unter der Ägide von Intendantin Bettina Wagner-Bergelt das Schauspielhaus erfolgreich bespielt, am 1. September soll „Under Construction #3“ folgen: Mit Aufführungen des Stadtprojekts „Remote X Wuppertal“, das derzeit in Zusammenarbeit mit dem renommierten Theater- und Performancekollektiv Rimini Protokoll entsteht. Remote X verbindet das Zentrum mit Orten in der Stadt: 50 Menschen gehen, geleitet von einer Art künstlichem Navigationssystem, durch die Viertel, vertonen die urbane Landschaft durch Kunstkopf-Aufnahmen und filmische Kompositionen.

Ängste vor Kannibalisierung
seien ausgeräumt worden

Außerdem holt Milz das Kunst- und Architekturkollektiv Raumlabor aus Berlin nach Wuppertal. Es erstellt zusammen mit regionalen Partnern eine temporäre Installation, die 2023 auf dem Vorplatz, in und um das Schauspielhaus präsentiert werden soll. Fest steht auch schon die Kooperation mit Tanztheater, Foundation und der Ecole des Sables, die im Januar 2023 einen gemeinsamen Abend bestreiten: Die Wuppertaler Compagnie zeigt „Café Müller“, die erste Wiederaufnahme unter Leitung von Boris Charmatz, Germaine Acogny und Malou Airoudo begegnen sich im Tanzduett „common grounds“ und 13 Tänzerinnen und Tänzer aus Afrika tanzen „Das Frühlingsopfer“. Schließlich präsentiert Charmatz im Mai 2023 sein „Wundertal“ – eine Performance mit 200 Tänzerinnen und Tänzern mitten auf einer Wuppertaler Straße. 

Das Thema Partizipation und Wupperbogen wurde in der Kommissionssitzung intensiv erörtert. Dabei, so Kommissionsvorsitzende Dagmar Liste-Frinker, wurde klar, dass alle vier Bereiche miteinander verflochten seien, inhaltlich und finanziell, sodass Ängste vor Kannibalisierung ausgeräumt werden konnten. Die Koordinatorin plant in der Vorlaufphase drei Think Tanks: Zum Thema Nachhaltigkeit, das im Mai bei Under Construction im Fokus stand. Die dort begonnene Kooperation mit vielen Initiativen soll weiterentwickelt werden und in ein Zukunftslabor Kunst & Stadt münden (August/September 2022). Um den Raum in seiner Bedeutung für Performing Arts geht es in einem Szenografie-Workshop, der in Kooperation mit dem Bund der Szenografen auf die internationale Bühnenbildausstellung Prager Quadriennale hinarbeitet (Oktober 2022). Im Reallabor „Wohnen in der Politik“ wird die bereits im Frühjahr 2020 gebildete Wohngemeinschaft im Schauspielhaus (WZ berichtete) reaktiviert und um weitere Personengruppen erweitert. Auch dies geschieht in Kooperation, diesmal mit dem Studiengang Public Interest Design der Bergischen Universität, der „Börse“ und freien Akteuren. (November 2022). Zum Sichtbarmachen dazu gehört natürlich auch eine Kommunikationsstrategie mit Informationsveranstaltungen, Website, Ausstellungen oder Publikationen.

Beim Umbau steht derzeit der zweistufige Architekturwettbewerb im Fokus, dessen erste Phase gerade beendet wurde und derzeit ausgewertet wird. Ein Einführungskolloquium folgt nach der Sommerpause. Außerdem werden Informationen eingeholt: So schaut sich die Ratskommission auf Einladung der Stadt Gent im Juni deren Kunstzentrum Vooruit an. Dagmar Liste-Frinker: „Es geht darum, wie ein Tanzzentrum aussehen könnte, um Entscheidungen vorzubereiten.“

Als nicht sichtbare, aber nicht minder wichtige Arbeitsfelder der kommenden Jahre nannte Milz schließlich: die Präzisierung der Gesellschaftsform und Entwicklung der juristischen Person und der Gremienstruktur, die Erarbeitung eines Leitbildes, die Bildung von Kuratorium, Beirat und Jugendrat sowie den Aufbau eines Netzwerks Nachhaltigkeit.