Urteil nach zwei Jahren: Kiosk-Räuber bekommt keine Bewährung
Weil er vor zwei Jahren einen Kiosk an der Langerfelder Straße überfallen hat, wurde ein 23-Jähriger zu einem Jahr und zehn Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt.
Wuppertal. Es war am 25. November vor zwei Jahren: Kurz vor 18 Uhr betrat ein maskierter Mann einen Kiosk an der Langerfelder Straße, ging auf die Frau hinter dem Tresen zu, richtete eine Schusswaffe auf sie, forderte Geld aus der Lottokasse. Doch die Frau ließ sich nicht so einfach ausrauben. Unter dem Vorwand, heruntergefallenes Geld aufheben zu müssen, bückte sie sich, griff dabei nach einer Dose Reizgas und sprühte es dem Täter direkt ins Gesicht. Der flüchtete — ohne Beute.
Mittwoch die gerichtliche Aufarbeitung des Falls: Auf der Anklagebank sitzt ein 23 Jahre alter Wuppertaler. Er gibt alles zu. Es seien schwere Zeiten für ihn gewesen. Seine Freundin sei damals über Nacht mit der gemeinsamen Tochter (6) ausgezogen. Er habe die falschen Freunde gehabt, Drogen genommen, drohte obdachlos zu werden, hatte kein Geld.
Der heute 57 Jahre alten Kioskbetreiberin ist er dankbar, dass sie ihn damals vertrieben hat: „Ich möchte mich in aller Form bei Ihnen entschuldigen“, sagt er. Die 57-Jährige nimmt die Entschuldigung an. Auf den ersten Blick überwiegt ihr Mut: „Ich arbeite hart, und so leicht gebe ich mein Geld nicht her“, sagt sie.
Trotzdem hat der Überfall in ihrem täglichen Leben Spuren hinterlassen. Früher stand sie von morgens bis abends im Kiosk — allein. Das gehe nicht mehr, bekennt sie. Ihr Mann kommt jetzt jeden Nachmittag ebenfalls ins Geschäft. Das Paar hat für etwa 600 Euro eine Videoüberwachungsanlage gekauft. Wenn dunkel gekleidete Männer den Kiosk betreten, wird die 57-Jährige nervös. „Nach den zwei Jahren hatte ich den Überfall fast verdrängt“, sagt sie. Ihr Zeugenauftritt im Prozess habe alles wieder aufgewühlt.
Dass der Raub so spät geklärt wurde, hat einen simplen Grund: Die Ex-Freundin des Angeklagten erstattete erst in diesem Mai Anzeige. Zuvor hatte ihr der Ex-Freund vom Überfall erzählt — nicht um sich „groß zu tun“, sondern um sein Gewissen zu erleichtern. Er habe selbst zur Polizei gehen wollen, sagt die Ex-Freundin am Mittwoch vor Gericht aus. Weil er das nicht tat, habe sie ihn angezeigt.
Von der Reue des 23-Jährigen war das Schöffengericht jedoch nicht ganz überzeugt und verurteilte den gebürtigen Schwelmer zu einem Jahr und zehn Monaten Haft — ohne Bewährung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.