Interview „Während des Ramadans gibt es eine besondere Atmosphäre“

Mohamed Abodahab über die Regeln beim Fasten im Islam und die schönen Seiten des Monats.

Foto: Stefan Fries

Herr Abodahab, Sie fasten. Wie sieht das aus?

Mohamed Abodahab: Ich esse und trinke nicht zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. Man kaut kein Kaugummi, raucht auch nicht und enthält sich jeglicher sexueller Handlungen. Aber, und das ist ganz wichtig, es geht nicht nur ums Essen und Trinken, sondern auch um das Verhalten, um ein gutes und ehrliches Miteinander. Der Prophet hat gesagt: „Wenn ihr fastet, aber jemanden beschimpft, dann erhaltet ihr den Lohn für das Fasten nicht.“ Man ist sehr höflich miteinander.

Was ist die Bedeutung des Ramadan?

Abodahab: Das ist ein besonderer Gottesdienst, der die Seele reinigt. Der Prophet hat gesagt, wer in der Hoffnung auf Vergebung fastet, dem wird Gott seine Sünden vergeben. Der Prophet sagt auch, dass der Fastende beim Jüngsten Gericht unermesslichen Lohn dafür erhält. Ins Paradies führen acht mögliche Tore. Eins davon ist extra für diejenigen, die gefastet haben.

Wann müssen Sie derzeit aufstehen, um noch vor Sonnenaufgang zu essen?

Abodahab: Ich stehe um 3 Uhr auf, esse Brötchen oder Brot. Wichtig ist, viel zu trinken, grade wenn es warm ist. Und dann lege ich mich noch einmal hin. Abends gibt es ab 21.50 Uhr das erste Essen. Viele machen den Fehler, dass sie abends beim Iftar, dem Fastenbrechen, besonders viel essen. Und wenn sie dann zum Suhur, dem Essen vor Sonnenaufgang, wieder essen sollen, können sie nicht, weil sie noch satt sind. Der Trick ist, abends nur eine Kleinigkeit wie Suppe und Salat zu sich zu nehmen. Dann ist am frühen Morgen Platz, um richtig gut zu essen.

Ist der Verzicht auf das Trinken bei heißem Wetter nicht sehr schwer?

Abodahab: Ich persönlich habe damit überhaupt keine Probleme. Aber ich habe auch das Glück, dass ich im Büro sitze. Schwieriger ist es zum Beispiel für Menschen, die auf dem Bau arbeiten. Aber es gibt eine Regel, die besagt, dass Gott keiner Menschenseele etwas auferlegt, was sie nicht zu leisten vermag. Wenn jemand krank ist, schwanger oder auf der Reise, dann kann er das Fasten nachholen.

Wann fangen Jugendliche damit an?

Abodahab: Man sagt, dass man ab der Pubertät fasten soll. Unser elfjähriger Sohn versucht manchmal, bis mittags zu fasten, mehr ist noch zu schwer für ihn. Unsere Kleine, die ist sechs, fastet natürlich überhaupt nicht. Als ich mit elf Jahren anfing, war es schon schwer. Aber mit der Zeit ist das etwas ganz Normales für mich geworden. Das ist eine Kopfsache. Irgendetwas schaltet sich ein, dann bin ich im Ramadan.

Ist es für Schüler nicht schwer, sich zu konzentrieren?

Abodahab: Normalerweise ist Fasten kein großes Hindernis fürs Lernen. Ich habe beim Fasten einen unheimlich klaren Kopf, es fällt mir sogar leichter, mich zu konzentrieren. Der Tag im Ramadan geht schneller vorbei, wenn man sich beschäftigt, zum Beispiel lernt.

Wie ist das mit Sport?

Abodahab: Das muss jeder selbst einschätzen. Ich hatte beim Schulsport kein Problem. Dennoch möchten wir die Schulen um Rücksicht bitten. Ansonsten kann ich den Rat geben, dass Sport etwa so gegen 20 Uhr gut funktioniert. Ich fahre dann oft Rad auf der Nordbahntrasse. Danach kann ich ja trinken.

Gibt es im Ramadan besondere Veranstaltungen?

Abodahab: Es gibt die freiwilligen Nachtgebete in der Moschee, etwa gegen 23 Uhr. Dabei trifft man viele Menschen. Leider schaffe ich das nicht, wenn ich um 6 Uhr aufstehen muss. Eine wichtige Sache ist noch, dass jeder versucht, während des Ramadans mindestens einmal den Koran zu lesen. Das ist auch eine Form des Gottesdienstes.

Was ist das Schöne am Ramadan?

Abodahab: Die seelische Erleichterung, die wir alle spüren. Während des ganzen Ramadans gibt es eine besondere, geradezu selige Atmosphäre. Die Moscheen sind voll. Man findet sehr schnell zu seinem Schöpfer, der Glaube wird gestärkt. Besonders wenn man an den Nachtgebeten teilnehmen kann, ist es eine wunderschöne Zeit.

Wie geht der Ramadan zu Ende?

Abodahab: Am Ende findet das Fastenbrechenfest Idul Fitr statt, was auch Bayram oder Zuckerfest heißt. Am Tag nach dem letzten Fastentag, in diesem Jahr am 25. Juni, geht die ganze Familie morgens in die Moschee, man lobt Gott, es gibt ein besonderes Gebet und eine besondere Predigt. Dann umarmen sich alle. Hinterher ist den ganzen Tag die Familie zusammen, es gibt gutes Essen, manche gehen auch essen. Alle sind glücklich und auch ein bisschen traurig, dass der Ramadan vorbei ist.