Autohaus Schramm zieht die Reißleine Wuppertaler Autohändler bekommt Wandel in der Autobranche zu spüren
Wuppertal · Die Autobranche steht unter Druck, auch für die Händler in Wuppertal ist es nicht leicht. Das traditionsreiche Autohaus Schramm in Langerfeld zieht nun die Konsequenzen.
Zum Jahresende wird das Autohaus Schramm in Langerfeld schließen. Für Geschäftsführer Peter Schramm und seine Tochter Franziska ist das Ende der 110-jährigen Firmengeschichte sehr schmerzhaft, denn noch 2017 haben sie 500 000 Euro in die Werkstatterweiterung an der Schwelmer Straße investiert. Kurz darauf meldete sich der Hersteller VW — und alle Zukunftspläne waren über den Haufen geworfen.
Kurze Zeit nach der großen Investition in die Werkstatt kündigte Volkswagen allen Vertragshändlern die Zusammenarbeit auf. „Man unterbreitete uns großzügig, den Verkauf und Service bis März 2023 behalten zu dürfen. Jedoch wies man ausdrücklich darauf hin, dass dazu ab April 2020 die von Volkswagen geforderten neuen Standards erfüllt werden müssten“, sagt Peter Schramm. Der Hersteller erwarte, dass sich die Vertrags-Händler und Werkstätten auf den Wandel zur Elektro-Mobilität einstellen.
„Wir hätten noch einmal in neue Werkzeuge und in die Mitarbeiterschulung investieren müssen. Außerdem hätte ein Stromanschluss für Schnell-Ladesäulen gelegt werden müssen“, sagt Schramm. Er habe auf die Bremse getreten, denn die Firmengeschichte habe er nicht mit einer Insolvenz beenden wollen. Schramm spricht von einem für die Händler „ruinösen Neuwagengeschäft“. Nur etwa ein Prozent des Verkaufswertes gehe an den Händler, für den die Serviceleistungen und Reparaturen somit die Haupteinnahmequelle sind.
„Bei den Elektro-Autos gibt es aber in Zukunft nicht mehr viel, was kaputt gehen und repariert werden kann“, sagt Franziska Schramm (27), die als Automobil-Kauffrau und Betriebswirtin Kfz-Gewerbe den Wandel in der Branche mit Sorge betrachtet. Schließlich baut nicht nur VW Online-Plattformen auf, die den stationären Autohandel zusätzlich unter Druck setzen. Wichtig für die Händler sei aber der Verkauf im eigenen Haus, denn der schafft Kundenbindung.
Diese Nähe zwischen Händler und Kunden war im Familienbetrieb Schramm besonders stark ausgeprägt. „Die Bedienung war immer sehr freundlich, der Werkstatt-Service sehr gut“, berichtet ein langjähriger Kunde gegenüber der WZ. Seine 30 Mitarbeiter informierte Peter Schramm frühzeitig, einige haben bereits neue Arbeitsstellen gefunden - nicht alle sind in der Branche geblieben. Dass sich frühere Mitarbeiter neu orientieren, kann Peter Schramm nachvollziehen. „Als ich 1980 angefangen habe, da gab es noch 13 VW-Partner in Wuppertal, jetzt mit Gottfried Schultz nur noch einen.“, Er vermutet, dass andere Hersteller dem Beispiel von VW und Opel folgen werden, in dem sie ihr Händler-Netz verkleinern und es neu aufstellen. „Ich vermute, das zieht noch weite Kreise“, so Peter Schramm.
Die Verunsicherung der Kunden senkt die Nachfrage
Kreishandwerksmeister Arnd Krüger kennt aus Gesprächen mit Autohändlern die Nöte der Branche: „Einige sagen, dass sie gar nicht wissen, ob ihr Geschäftsmodell in fünf Jahren noch Bestand hat.“ Das KFZ-Gewerbe und seine Beschäftigten stünden insgesamt durch den Übergang zur E-Mobiliät und den wachsenden Online-Handel unter Druck. „Hinzu kommt, dass es in manchen Familienbetrieben keine Nachfolgeregelung gibt“, sagt Arnd Krüger.
Die Hersteller klagen, weil viele Käufer verunsichert sind. Ihnen fällt es schwer, zu entscheiden, welche Antriebsform für sie die richtige ist und ob der Zeitpunkt gekommen ist, auf E-Autos umzusteigen. So werden Kaufentscheidungen hinausgezögert, die Absatzzahlen sinken. Seit dem Diesel-Skandal seien die Kunden zudem misstrauisch gegenüber den Herstellern, so Franziska Schramm.
„Das Auto wird immer mehr zum reinen Gebrauchsgegenstand“, sagt ihr Vater. Ob der ID.3 von VW ein Renner werde, bleibe abzuwarten. „Wenn das Konzept nicht aufgeht, wird VW mit den Preisen runter gehen. Wenn man Ihnen das Auto schenkt, würden Sie es nicht nehmen? Bei der E-Mobilität werden aber die Emissionen verlagert“, kritisiert Schramm. Der Mobilitäts-Wandel sei in vielen Punkten nicht zu Ende gedacht.
Bis zum März 2020 wird die Familie Schramm damit beschäftigt sein, den Betrieb abzuwickeln. „4000 Ersatzteile müssen an VW zurückgeschickt werden“, sagt Franziska Schramm. „Wir sind zu groß, um klein weiterzumachen“, lautet die Begründung, nicht als freie Werkstatt weiterzumachen. Was in Zukunft auf der 12 000 Quadratmeter großen Fläche geschehen soll, steht nicht fest. Im ersten halben Jahr nach der Schließung darf dort kein Geschäft der Zweirad- oder Autobranche sein. Peter Schramm will sich mit der Wirtschaftsförderung in Verbindung setzen. Für ein Filetstück in verkehrsgünstiger Lage dürfte es Verwendung geben.